Feuerkreise

Der äußere Kreis (für Gäste sichtbar) => Glaubensgebäude => Thema gestartet von: Mc Claudia am Juni 22, 2011, 14:42:14

Titel: Psychisch instabile Ungläubige?
Beitrag von: Mc Claudia am Juni 22, 2011, 14:42:14
Hi allerseits,

habe gerade einen Beitrag gelesen:

http://religion.orf.at/projekt03/news/1 ... bie_fr.htm (http://religion.orf.at/projekt03/news/1106/ne110620_islamophobie_fr.htm)

und finde v.a. diese Aussage äußerst befremdlich:

„Die Ursache dafür [für überzogen feindliche, unkontrollierte Emotionen als Reaktion auf Religion] liegt nach Meinung Bonellis in einer narzisstischen Kränkung. Narzisstisch veranlagte Menschen verspürten Schmerz darüber, etwas, was sie nicht wahrhaben wollten, könnte wahr sein. "Die Angst vor dem Auffliegen des Selbstbetrugs aufgrund der unmanipulierbaren Normengebung der Religion löst Abwehr aus", erklärte der Psychiater. Die Menschen fürchteten, ihr konstruiertes Selbstbild könnte an der Realität zerbrechen. Weiters könne auch das Fehlen einer Instanz für Geborgenheit Eifersucht und Neid gegenüber jenen auslösen, die sich in einer Religion beheimatet fühlten.
Ressentiments und Gewalt zwischen Angehörigen verschiedener Religionen sind laut Bonelli nicht religiös begründbar. Religionen seien friedlich, würden aber oft missbraucht, wenn Menschen sie nur zur Mobilisierung anderer für eigene Interessen benutzten, statt sie zu leben. ....“

Was haltet Ihr davon?

Ich weiß ja nicht, wie es Euch geht, aber die Atheist/innen, die ich bis jetzt kennenlernen durfte, reagieren v.a. feindselig auf totalitäre Strömungen in den Religionen, auf unbeweisbare Behauptungen, auf Missbrauch in den Religionen, auf die zumeist besch***** Rolle der Frauen, auf unbeweisbare Autoritäten (Gott....), die nicht hinterfragt werden sollen, auf teils absurde Glaubensgebäude, etc.

Dass dafür aber Narzissmus der Grund sein soll, eröffnet sich mir gar nicht. V.a. kenn ich keine Atheist/innen, die Angst vor einem Auffliegen eines angeblichen Selbstbetrugs hätten (inwiefern betrügen Atheist/innen sich selbst?)

Wenn auf unmanipulierbare Normengebung aggressiv reagiert wird, dann deswegen, weil diese Normen menschenrechtswidrig sind oder/und für Ungläubige absolut absurd sind.
 
Auch Neid auf eine (angebliche) Geborgenheit durch eine höhere Instanz konnte ich bei Atheist/innen noch nicht orten. Die brauchen sowas nämlich nicht. Sonst wären sie ja religiös.

Interessant ist, dass ausgerechnet den Nicht-Gläubigen ein „konstruiertes Selbstbild“ vorgehalten wird, „das an der Realität zerbrechen könnte“. Fragt man sich nur, welche Realität er meint, und warum religiöse Selbstbilder nicht konstruiert sind und an Realitäten zerbrechen könnten ....

Am blauäugigsten finde ich aber die Behauptung, „Ressentiments und Gewalt zwischen Angehörigen verschiedener Religionen sind laut Bonelli nicht religiös begründbar. Religionen seien friedlich, ...“. Ganz klar, wenn man alle militanten Gottheiten und Gottesvorstellungen ausblendet, alle Verse in den hl. Büchern und Riten, die gewaltverherrlichend sind und sich über einen rachsüchtigen Gott (oder Göttin) freuen, verdrängt, alle heiligen Kriege, die unter dem Segen von Gottheiten oder anderen spirituellen Instanzen geführt wurden, was auch oft in als heilig geltenden Überlieferungen zu finden ist, dann könnte man behaupten, die Religionen seien friedlich.

Der Kommunismus ist eigentlich ja auch friedlich, und Stalinismus hat gar nix mit Kommunismus zu tun, der Kommunismus wurde lediglich missbraucht ....

Woraus man, wenn man diesen Gedankengang weiterspinnt zur Behauptung gelangen muss, dass Menschen, die mit ideologischem/religiösem Hintergrund und Begründung anderen Menschen weh tun, mit der jeweiligen Ideologie/Religion nix am Hut haben, sondern das eigentlich nur aus Selbstzweck tun. Blöd halt nur, wenn die Ideologien/Religionen in ihren Lehren und Dogmen selbst Gewalt herausfordern .....

Was sagt Ihr zu diesen Behauptungen?

Vielleicht reagiere ich ja auch etwas übertrieben, oder ich hab offenbar einen starken atheistischen Anteil in mir, dass ich mich durch diese Aussagen leicht angegriffen fühle. *grml* Da ich aber keine Atheistin bin, sondern eher das Gegenteil (Polytheistin), und mich diese Aussagen trotzdem annerven, würd mich mal Eure Meinung dazu interessieren.

Liebe Grüße

Mc Claudia
Titel: Re: Psychisch instabile Ungläubige?
Beitrag von: Giles am Juni 22, 2011, 17:50:14
ich finde es sinnlos, quasi alle atheisten in eine schublade zu stopfen. es ist ebenso legitim nicht zu glauben, wie zu glauben, imho. das ist so ähnlich als ob mir wer erkärt "alle katholiken.." oder "alle wicca..." - das hält dem belastungstest namens realität nicht stand.
Titel: Re: Psychisch instabile Ungläubige?
Beitrag von: barbara am Juni 22, 2011, 22:35:18
hallo

aufgrund meiner Beobachtungen im Internet würde ich schon sagen, dass Atheisten eine Neigung dazu haben, ungewöhnlich aggressiv und oft mit beleidigendem Wortschatz aufzutreten, und dass sie den Glauben anderer oft als persönliche Beleidigung auffassen.

Der Atheismus hilft einem Menschen auch nicht, zu Sinn und Bedeutung zu finden, was Religionen aber tun (ob Religionen das auf gute und konstruktive Weise tun, ist eine andere Frage - aber sie alle bieten Antworten auf Sinnfragen an). Als Atheist kommt man wohl nicht darum herum, eine ungemütliche Geworfenheit in eine kalte, absurde, sinnlose, feindliche, grausame Welt zu empfinden - wenn man ehrlich zu sich selbst ist und sich streng an die eigenen Denkgebäude hält. Meins ist es nicht, wenn ich diese für die wahre Welt halten würde, wär mein Selbstmord nicht weit weg... und das meine ich nicht als Redewendung, das meine ich als Tatsache.

Andererseits haben die Religionen natürlich auch viele problematische Seiten, wozu zB das Zwangskuscheln mit Unterdrückung der Meinungs- und Redefreiheit in vielen traditionellen Richtungen gehört. Das mag eine Wärme sein, aber es ist allzu oft die Wärme eines verschissenen, stinkenden Stalls. und ja, es gibt auch religiöse Richtungen, die klar Freude an Gewalt haben und Gewalt propagieren.

Alle Atheisten kann man natürlich nicht in ene Schublade stopfen, aber so gewisse Tendenzen und Gemeinsamkeiten bei Weltanschauungsgruppen gibt es natürlich schon.

grüsse, barbara
Titel: Re: Psychisch instabile Ungläubige?
Beitrag von: morgane am Juni 22, 2011, 22:36:21
Hi mc. claudia!
Dieser mann vertritt eine MEINUNG. Er vertritt sie als angehöriger einer konfessionellen gemeinschaft. Willst du dich allen ernstes mit dieser meinung auseinander setzen? Ist sie für dich maßgeblich? ".........." Na, eben!
Wenn ein muslimischer geistlicher meint, frauen dürfen nicht auto fahren - würdest du dich ernsthaft mit dieser meinung auseinander setzen?
Wenn ein indianischer medizinmann meint, man müsse sich zum meditieren eine feder in den allerwertesten stecken, würdest du dich ernsthaft damit auseinander setzen?
Wenn ein indischer guru ernsthaft behauptete, donnerstags dürfe nur mittel und ringfinger zum nasebohren benutzt werden, würdest du....?
Na eben  :)

lg morgane
Titel: Re: Psychisch instabile Ungläubige?
Beitrag von: dagaz am Juni 23, 2011, 00:49:31
Zitat von: "barbara"
Als Atheist kommt man wohl nicht darum herum, eine ungemütliche Geworfenheit in eine kalte, absurde, sinnlose, feindliche, grausame Welt zu empfinden - wenn man ehrlich zu sich selbst ist und sich streng an die eigenen Denkgebäude hält.

manche findens vielleicht ganz witzig, sich als zufallsprodukt dieses irrsinnigen universums zu sehen, und genießen ihr kurzes gastspiel hier.
Titel: Re: Psychisch instabile Ungläubige?
Beitrag von: barbara am Juni 23, 2011, 06:19:52
Zitat von: "dagaz"
manche findens vielleicht ganz witzig, sich als zufallsprodukt dieses irrsinnigen universums zu sehen, und genießen ihr kurzes gastspiel hier.

ich kann mir nicht vorstellen, was daran witzig sein soll. Besonders dann nicht, wenn es existentielle Situationen geht, in denen es kein Handeln, sondern nur ein Erleben gibt - jemand ist schwer krank, jemand stirbt, man wird verlassen...

grüsse, barbara
Titel: Re: Psychisch instabile Ungläubige?
Beitrag von: dagaz am Juni 23, 2011, 17:02:59
Zitat von: "barbara"
ich kann mir nicht vorstellen, was daran witzig sein soll. Besonders dann nicht, wenn es existentielle Situationen geht, in denen es kein Handeln, sondern nur ein Erleben gibt - jemand ist schwer krank, jemand stirbt, man wird verlassen...

such is life, and it's getting sucher and sucher every fucking day...
scherz beiseite - die alternative wäre, garnicht erst zu existieren, was eh bald genug wieder passieren wird.
Titel: Re: Psychisch instabile Ungläubige?
Beitrag von: Babsi am Juni 23, 2011, 19:08:47
Die Atheisten, die ich kenne, sind auch so wie McClaudia sie beschrieben hat.
Haben zwar keinen Zugang zu Religion, sind aber der Sache an sich nicht feindlich eingestellt, außer sie wird missbraucht.
Aber ich denke, es gibt bestimmt auch "fanatische" Atheisten- die ihren Weg für den einzig richtigen halten, alle anderen als dumm und kindisch empfinden und gegen die Religionen, den "falschen" Weg, kämpfen- damit sind sie eigentlich genauso engstirnig wie die, die sie angeblich verabscheuen  :D  :ugly: Menschen sind nunmal so. die meisten halt -.-
Titel: Re: Psychisch instabile Ungläubige?
Beitrag von: dagaz am Juni 24, 2011, 00:26:23
Zitat von: "Babsi"
es gibt bestimmt auch "fanatische" Atheisten- die ihren Weg für den einzig richtigen halten, alle anderen als dumm und kindisch empfinden und gegen die Religionen, den "falschen" Weg, kämpfen- damit sind sie eigentlich genauso engstirnig wie die, die sie angeblich verabscheuen

nicht vergessen:

die schärfstev kritiker der elche
waren einmal selber welche.

ein atheist der zweiten oder dritten generation sieht die dinge sicher lockerer, als jemand, der unter dem eindruck steht, während seiner gesamten kindheit und eines teils seiner adoleszenz verarscht worden zu sein.
Titel: Re: Psychisch instabile Ungläubige?
Beitrag von: Mc Claudia am Juni 24, 2011, 09:16:26
Hi,

ich behaupte nicht, dass Atheist/innen nicht feindlich, abwehrend oder auch mal beleidigend auf Religiöse reagieren (v.a. auf fanatisch Religiöse). Ich finde nur den Grund, weswegen sie das tun, absurd. Ich sehe hier eher Grundsatzverschiedenheiten in Ethik und Realitätsverständnis, ich sehe aber weder Narzissmus noch Neid auf Gläubige oder so als Grund für feindselige reagierende Atheist/innen. Wenn ich abwehrend und feindselig auf Unterdrückungsmechanismen und Grausamkeit reagiere, dann tu ich das, weil ich das absolut unmenschlich und verwerflich finde, nicht weil ich narzisstisch bin oder den Grausamen was neidig. Atheistische Feindseligkeit gegen Religionen läuft in eine ähnliche Richtung, weil v.a. die fanatischen Auswüchse und Unmenschlichkeiten am Pranger stehen. In Büchern von Atheist/innen hab ich auch schon öfters gelesen, dass gerade aufgeklärte, liberale und gebildete Religiöse beliebte Diskussionspartner/innen von Atheist/innen sind.

@Barbara:

Dass Atheist/innen sich in eine grausame Welt geworfen fühlen, so ohne Trost, ist m.E. ein Vorurteil. Nur weil man nicht an ein Weiterleben nach dem Tod oder an höhere Mächte glaubt, heißt das nicht, dass man mit Lebenskrisen nicht fertig wird. Man erklärt sie sich halt anders. Ich kann auch nicht bestätigen, dass Atheist/innen pessimistischer wären oder unglücklicher. Es gibt eine ganze Menge Gründe glücklich zu sein und das Leben zu meistern, die voll unspirituell sind.

@Morgane:

Ich bin ein Mensch in einer globalisierten Welt. Und mich interessiert alles, was ich interessant finde, v.a., wenn ich direkt oder indirekt betroffen bin. Abgesehen davon ist es ein interessantes Diskussionsthema, wie ich finde. Ob sich ein Schamane eine Feder in den Hintern steckt, ist mir wirklich wurscht. Wenn aber Leute, die Macht haben, also eine größere Menge Leute mit ihrer Meinung erreichen, moralische Aussagen machen, dann interessiert mich das sehr wohl, denn ich bin Teil dieser Welt.

liebe Grüße

Mc Claudia
Titel: Re: Psychisch instabile Ungläubige?
Beitrag von: morgane am Juni 24, 2011, 16:15:14
Zitat von: "Mc Claudia"
Ich bin ein Mensch in einer globalisierten Welt. Und mich interessiert alles, was ich interessant finde, v.a., wenn ich direkt oder indirekt betroffen bin. Abgesehen davon ist es ein interessantes Diskussionsthema, wie ich finde. Ob sich ein Schamane eine Feder in den Hintern steckt, ist mir wirklich wurscht. Wenn aber Leute, die Macht haben, also eine größere Menge Leute mit ihrer Meinung erreichen, moralische Aussagen machen, dann interessiert mich das sehr wohl, denn ich bin Teil dieser Welt.

Ich wollte dir nicht deine anteilnahme an der *welt* madig machen, sondern nur zu bedenken geben, dass nicht jede meinung relevant für dich oder jemand anderen sein muss. Es gibt zu viele, die sich als experten betrachten und meinen, ihre meinung sei aufgrund ihres titels oder ihrer stellung beachtenswert.
Ist sie, aber nur, wenn du sie beachtest. ;)

lg morgane
Titel: Re: Psychisch instabile Ungläubige?
Beitrag von: barbara am Juni 24, 2011, 17:33:43
Zitat von: "Mc Claudia"
Dass Atheist/innen sich in eine grausame Welt geworfen fühlen, so ohne Trost, ist m.E. ein Vorurteil. Nur weil man nicht an ein Weiterleben nach dem Tod oder an höhere Mächte glaubt, heißt das nicht, dass man mit Lebenskrisen nicht fertig wird. Man erklärt sie sich halt anders. Ich kann auch nicht bestätigen, dass Atheist/innen pessimistischer wären oder unglücklicher. Es gibt eine ganze Menge Gründe glücklich zu sein und das Leben zu meistern, die voll unspirituell sind.

nach sehr ausführlichen Gesprächen mit Leuten, die sich selbst Atheisten und auch Skeptiker nennen, und nach häufgem Nachfragen, habe ich immer noch nicht herausgefunden, welche anderen Erklärungen sie denn haben.  :weißnicht: aber da sie ganz offensichtlich leben, haben sie offenbar einen Weg gefunden.

grüsse, barbara
Titel: Re: Psychisch instabile Ungläubige?
Beitrag von: dagaz am Juni 24, 2011, 23:07:29
Zitat von: "barbara"
nach sehr ausführlichen Gesprächen mit Leuten, die sich selbst Atheisten und auch Skeptiker nennen, und nach häufgem Nachfragen, habe ich immer noch nicht herausgefunden, welche anderen Erklärungen sie denn haben.  :weißnicht: aber da sie ganz offensichtlich leben, haben sie offenbar einen Weg gefunden.

erklärungen wofür?


a) für die existenz des universums?

das ist eigentlich eine klare sache: da "nichts" per definitionem nicht existiert, muss es irgendetwas geben.

oder
b) dafür, dass dieses etwas jetzt kein eisenwürfel von 80 mrd. lichtjahren kantenlänge ist?

wenn dem so wäre, könnten wir kaum darüber diskutieren.


c) für das böse in der welt?

das ist relativ. für das zebra ist die löwin vielleicht das absolut böse, für ihre jungen ist sie die liebe mami, die was leckeres zum futtern anschleppt.


e) dafür, dass du selbst existierst?

einem geschenkten gaul schaut man nicht ins maul. siehe g)


f) was nach dem tod passiert?

wir kehren (auf gewissen rituellen umwegen) in den nahrungskreislauf zurück. weißt schon: huhn frisst wurm, mensch frisst huhn, wurm frisst mensch...


g) für den sinn des lebens?

freu dich dass du lebst. billionen, die an deiner statt gezeugt hätten werden können, habens nicht geschafft. du hast die eizellenlotterie samt spermienwettrennen gewonnen.


h) dafür dass du sterben musst?

das muss eines tages dieses gesamte universum, so what?


sonst noch fragen?
Titel: Re: Psychisch instabile Ungläubige?
Beitrag von: barbara am Juni 25, 2011, 07:13:36
nein, wie sie mit Lebenskrisen umgehen. Also mit jenen Momenten, die einfach schmerzhaft sind, wo an der Sache selbst nichts geändert werden kann und wo ein Spruch à la "alle müssen mal sterben, so what?" weder Trost bringt noch den Schmerz lindert, sondern höchstens zynisch und grausam wirkt.

grüsse, barbara
Titel: Re: Psychisch instabile Ungläubige?
Beitrag von: morgane am Juni 25, 2011, 08:43:10
Ich verwahre mich gegen die einteilung in religiöse und atheisten. Man ist nicht automatisch atheist, wenn man nicht im rahmen eines anerkannten religionssystems lebt. Religionen sind in meinen augen kindergeschichten, in die man die spirituellen wahrheiten gekleidet hat, um sie zu tradieren und weiter zu geben. Im laufe der zeit wurde dieser tradierte rahmen mit dem eigentlichen inhalt verwechselt.
Sich diesem rahmen nicht verpflichtet zu fühlen, bedeutet aber keineswegs, das ganze bild zu verwerfen. Den anspruch, *gott* sei katholisch, moslemisch, jüdisch, zoroastrisch oder weiblich/männlich abzulehnen, ist nicht mit atheismus gleichzusetzen.

lg morgane
Titel: Re: Psychisch instabile Ungläubige?
Beitrag von: dagaz am Juni 25, 2011, 11:31:03
Zitat von: "barbara"
nein, wie sie mit Lebenskrisen umgehen. Also mit jenen Momenten, die einfach schmerzhaft sind, wo an der Sache selbst nichts geändert werden kann und wo ein Spruch à la "alle müssen mal sterben, so what?" weder Trost bringt noch den Schmerz lindert, sondern höchstens zynisch und grausam wirkt.

grüsse, barbara

"die mama ist jetzt im himmel", ist auch kein deut besser.
Titel: Re: Psychisch instabile Ungläubige?
Beitrag von: Mc Claudia am Juni 27, 2011, 09:27:07
Hi,

@Morgane:

ein Atheist ist per definitionem ein Mensch, der an keinerlei Gottheit oder Geist als wie immer geartete Persönlichkeit glaubt. Pantheisten sind demnach so ein Mittelding zwischen Atheisten und Deisten. Denn wenn alles Gott ist, ist Gott auch keine eigene Persönlichkeit mehr sondern eben alles.

Jede Form von Gläubigkeit an höhere Geister oder Wesenheiten widerspricht demnach dem Atheismus.

@Barbara:

Atheistischer Trost ist einfach in der Mitmenschlichkeit. Deine Mama ist gestorben? Schau, wir müssen alle sterben, aber du lebst, freu dich deiner Tage, denk an die schönen Zeiten mit der Mama. Die Nichtexistenz ist kein Übel.

Du bist schwerst krank? Niemand ist schuld an deiner Krankheit, kein Karma, kein Gott, und auf keinen Fall du selbst. Ich gönne dir die bestmögliche Betreuung und Therapie, und wenn du es gar nicht mehr aushältst und keine Chance auf Heilung besteht, darfst du auch aus dem Leben scheiden.

Die Welt ist ungerecht. Aber kein Gott oder Teufel ist dran schuld, sondern ausschließlich die Menschen. Also kann man politisch versuchen, dran was zu ändern.

usw.
Titel: Re: Psychisch instabile Ungläubige?
Beitrag von: barbara am Juni 27, 2011, 15:52:53
Zitat von: "dagaz"
"die mama ist jetzt im himmel", ist auch kein deut besser.

als mein Grossvater starb - ich war etwas acht Jahre alt damals - war es für mich ein grosser Trost zu hören, dass der Ätti jetzt im Himmel ist und immer wieder mal auf die Erde schaut und guckt, wie es uns so geht.

grüsse, barbara
Titel: Re: Psychisch instabile Ungläubige?
Beitrag von: dagaz am Juni 27, 2011, 15:56:40
Zitat von: "barbara"
als mein Grossvater starb - ich war etwas acht Jahre alt damals - war es für mich ein grosser Trost zu hören, dass der Ätti jetzt im Himmel ist und immer wieder mal auf die Erde schaut und guckt, wie es uns so geht.

wirds deswegen wahrer?
Titel: Re: Psychisch instabile Ungläubige?
Beitrag von: barbara am Juni 27, 2011, 16:13:33
Zitat von: "Mc Claudia"
Atheistischer Trost ist einfach in der Mitmenschlichkeit. Deine Mama ist gestorben? Schau, wir müssen alle sterben, aber du lebst, freu dich deiner Tage, denk an die schönen Zeiten mit der Mama. Die Nichtexistenz ist kein Übel.

Trost finde ich darin wenig. Ich halte es durchaus für übel, wenn mir niemand mehr das Lieblingsessen kocht, wie Mama es immer tat, und wenn niemand mehr Wollsocken für mich strickt. Es ist nicht so schwer zu akzeptieren, wenn jemand nach einem langen, erfüllten Leben stirbt, das Ende absehbar ist und Zeit genug war, um Abschied zu nehmen, solange die Person noch lebte. Schwierig ist es, wenn es sehr früh passiert, wenn es plötzlich und überraschend geschieht.

Einfacher ist es für mich, wenn ich nach wie vor mit der Person kommunizieren kann, auch wenn sie nicht mehr inkarniert ist. Wenn ich ihre Anwesenheit fühle, oder wenn ich ihr im Traum begegne... wenn mir da jemand erzählen wollte, das sei nur ein Hirngespinst, das würde ich nicht gut aufnehmen.


Zitat von: "Mc Claudia"
Du bist schwerst krank? Niemand ist schuld an deiner Krankheit, kein Karma, kein Gott, und auf keinen Fall du selbst. Ich gönne dir die bestmögliche Betreuung und Therapie, und wenn du es gar nicht mehr aushältst und keine Chance auf Heilung besteht, darfst du auch aus dem Leben scheiden.

wenn die Gene oder der Zufall für die Krankheit verantwortlich gemacht wird, ist das ja auch kein Trost. und hilft nicht bei der Heilung, besonders, wenn man schon mehrere Familienmitglieder vorher hat erkranken, leiden und sterben sehen...

und die Frage "warum ich?" und "wozu?" wird ja dennoch gestellt. bloss bieten atheistische Weltanschauungen keine Antwort darauf. Was die Frage nicht weniger drängend und nicht weniger wichtig macht. spirituelle Weltanschauungen bieten immerhin Werkzeuge und Methoden, wie man einer Antwort auf die Spur kommen kann, und den Optimismus, dass eine Antwort auch gefunden werden kann. Diese Antworten sind oft nicht leicht zu akzeptieren, aber sie sind echt und geben Frieden. und ohne inneren Friedne kann zumindest ich unmöglich leben.

grüsse, barbara


Zitat von: "Mc Claudia"
Die Welt ist ungerecht. Aber kein Gott oder Teufel ist dran schuld, sondern ausschließlich die Menschen. Also kann man politisch versuchen, dran was zu ändern.

Allzu oft können Menschen nicht dafür verantwortlich gemacht werden. Es gibt Glückspilze und Pechvögel, es gibt ganz verschiedene Schicksale, die nicht selten von winzigen Unterschieden abhängen können, zB dass jemand sich an einem ganz bestimmten Ort eine Sekunde früher oder später als jemand anders aufhält... Den Glückspilzen geht es ja gut, sie haben nicht gross Bedarf, sich Fragen zu stellen. Wer ständig vom Regen in die Traufe und zurück gerät, ohne offensichtliche Fehler zu machen, wird sich wohl kaum so locker flockig sagen können "ich bin eben am Rand der Wahrscheinlichkeit" ohne weiter zu fragen "warum immer ich".

grüsse, barbara
Titel: Re: Psychisch instabile Ungläubige?
Beitrag von: barbara am Juni 27, 2011, 16:14:21
Zitat von: "dagaz"
Zitat von: "barbara"
als mein Grossvater starb - ich war etwas acht Jahre alt damals - war es für mich ein grosser Trost zu hören, dass der Ätti jetzt im Himmel ist und immer wieder mal auf die Erde schaut und guckt, wie es uns so geht.

wirds deswegen wahrer?

ja, für mich ist es wahr. Es entspricht am besten dem, was ich fühle und erlebe. Alle andern Erklärungen fühlen sich falsch an.

grüsse, barbara
Titel: Re: Psychisch instabile Ungläubige?
Beitrag von: Roman am Juni 27, 2011, 19:44:15
Zitat von: "Mc Claudia"
Die Welt ist ungerecht. Aber kein Gott oder Teufel ist dran schuld, sondern ausschließlich die Menschen.

Und wieso sollten daran ausschließlich die Menschen schuld tragen? Das würde als Schlussfolgerung nahe legen, in der (meinetwegen unberührten, falls es das noch gibt) Natur wäre alles 'gerecht'.
Titel: Re: Psychisch instabile Ungläubige?
Beitrag von: Mc Claudia am Juni 28, 2011, 00:26:21
Mit "Welt" meine ich ausschließlich die Menschenwelt.

Auf das Problem "Die Natur ist ungerecht" könnte man als Atheist bloß sagen: nein, die Natur hat nur einfach keinen Sinn für Gerechtigkeit, weil das außerhalb ihres Seins liegt. Man kann als Mensch nur versuchen, mit den Schicksalsschlägen, die durch die Natur verursacht werden (Krankheit, Naturkatastrophen, Unfälle) umzugehen und das beste draus zu machen. Sich also als Mitmenschen zu helfen, wenn die Natur Scheiße baut. Aber Erklärung gibts dafür natürlich keine, warum der Tsunami gerade dort und nicht woanders hinkommt, warum gerade der Mensch schwer krank ist und nicht ein anderer etc.
Titel: Re: Psychisch instabile Ungläubige?
Beitrag von: Roman am Juni 28, 2011, 07:54:47
Zitat von: "Mc Claudia"
Mit "Welt" meine ich ausschließlich die Menschenwelt.

Ach so.

Zitat
Auf das Problem "Die Natur ist ungerecht" könnte man als Atheist bloß sagen: nein, die Natur hat nur einfach keinen Sinn für Gerechtigkeit, weil das außerhalb ihres Seins liegt.

Man könnte auch sagen, wir können die Gerechtigkeit der Natur nicht erfassen ;)

Ich denke auch, dass Gerechtigkeit eine menschliche Erfindung ist.

Da aber auch die Gerechtigkeit der Justiz (einer menschlichen Institution) von vielen Betroffenen angezweifelt wird, scheint auch die keinen Sinn dafür zu haben. Ein Anwalt hat mir in meiner Jugend diese für mich, damals, verwirrende Angelegenheit einfach erklärt (2 Minuten vor der Verhandlung und im Jugendgericht). Sinngemäß sagte er: "Gerechtigkeit kriegen Sie, vielleicht, im Himmel. Hier wird Recht gesprochen"

Broda (damals Justizminister) kamen ein paar Jahre später ebenfalls bedenken an der 'Gerechtigkeit' und er führte eine Strafrechtsreform durch, wodurch dann wohl alle Urteile vor 1975 als 'ungerecht' angesehen werden müssen (sehr lustig ist, dass die Strafrechtsreform 1974 abgeschlossen wurde, aber erst am 1.1.1975 in Kraft trat, also fast ein Jahr etwas illegal war, von dem man wusste, es würde in absehbarer Zeit legal werden. Rechtlich mag das klar sein, aber vom Standpunkt der 'Gerechtigkeit' ... ;) ). Recht bzw. Gerechtigkeit, ist ein sehr flexibler Begriff.

Ich fand das damals sehr erhellend, weil es Gerechtigkeit (als richtungsweisender Wert) auf ein zeitgeistiges, moralisches Maß reduzierte, also, für mich, bedeutungslos machte.

Zitat
das beste draus zu machen.

Das versuche ich!

Warum bezeichnen mich manche Menschen als Egoisten?