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Invozieren warum und wozu?

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Funkelchen:
Hallo zusammen !
Ich stell mal die Frage so in den Raum und hoffe auf zahlreiche und lehrreiche Antworten:

Warum und Wozu invozieren wir z.B. eine Gottheit bei einem Ritual (etc).
Ist es nicht genug sie(die Gottheit) einzuladen und wenn sie will - kommt sie auch ?
Was bedeutet es für Euch, habt ihr es schon erlebt... etc.
Freu mich auf regen Austausch !
lg
Funkelchen

Nachtfalke:
Gegenfrage: wieso nicht? Was stört dich daran, eine Gottheit/ Wesenheit zu invozieren?

Funkelchen:
Okay, dann so herum:
Habe ich das Recht (darf ich es mir anmaßen) eine Gottheit zu "zwingen" bzw. zu "beschwören"? Welche Folgen hätte dies ?
ist das jetzt besser verständlich ?

Nachtfalke:

--- Zitat von: "Funkelchen" ---Okay, dann so herum:
Habe ich das Recht (darf ich es mir anmaßen) eine Gottheit zu "zwingen" bzw. zu "beschwören"? Welche Folgen hätte dies ?
ist das jetzt besser verständlich ?
--- Ende Zitat ---
Ich denke noch immer, dass die Götter oder Wesenheiten Anteile von mir selbst sind und ich diese "zwinge" sich mir zu offenbaren... Warum sollte es negative Auswirkungen haben?
Im Großen und Ganzen stelle ich mich meiner eigenen Persönlichkeit bzw meinem eigenen Wesen.
Und das Ritual ist das drumherum, damit ich an mein Unterbewusstsein dran komme... denk ich mir halt :)

Warum zwingen die Christen, dass Jesus in sie einfährt? ;)

Mc Claudia:
Hi,

zum Begriff ist ein Blick auf Wikipedia interessant:

http://de.wikipedia.org/wiki/Invokation

und das „Gegenteil“ die Evokation:

http://de.wikipedia.org/wiki/Beschw%C3%B6rung

Ich verstehe unter Invokation eigentlich nur das Hineinrufen einer Gottheit/eines Geistes in sich selbst oder in andere Menschen/Dinge/Tiere (weshalb auch immer).

Soviel mir bekannt ist auf die Schnelle:

In mystischen und magischen Praktiken, v.a. im Tantra u.ä. Traditionen, werden Gottheiten, die als Personifizierung bestimmter Seinszustände gesehen werden, sehr plastisch durch Yoga-Praktiken in sich selbst hineingerufen, bzw. dermaßen stark in sich selbst visualisiert, dass man sich selbst nicht mehr als sich selbst sondern als die Gottheit wahrnimmt. Die Annahme ist die, dass man die Eigenschaften der Gottheit verkörpert und nach außen ausstrahlt und so - im besten Fall - Heil auf andere Menschen übertragen kann, und aus buddhistischer Sicht, sich selbst und andere dem Nirvana näherbringen kann.

Ähnliches gilt im Wicca, wo der Priester den Gott und die Priesterin die Göttin in sich invozieren, um so zu den polaren Gottheiten zu werden und in dieser Form höchste mystische Kräfte zu bündeln und mit den Gottheiten, dem All sozusagen, eins zu werden. Ähnlich wie im Tantra werden die Gott/Göttin-Formen auch angenommen, um den Großen Ritus zu vollziehen, also den Hieros Gamos, was die höchste und ekstatischste Form von Sex sein soll, weil man durch diesen Akt die Polaritäten auflöst und so die unio mystica erreicht.

Eine irdischere, magische Annahme ist, dass man als Gottheit oder andere invozierte Wesenheit magische Kräfte besitzt oder besser entwickeln kann, mit denen man dann die eigenen Wünsche kraftvoller und besser magisch erfüllen kann als dies als normaler Mensch möglich wäre.

Therapeutisch kann die Invokation von einem/r sympathischen mächtigen Wesenheit auch helfen, Minderwertigkeitsgefühlen positiv zu begegnen. (Bei zu exzessivem Invozieren können sich aber auch Allmachtsgefühle einstellen.)

Im Voodoo und ähnlichen Traditionen (z.B. im koreanischen Schamanismus) wird ein beliebiger Ritualteilnehmer (im Voodoo) bzw. die Schamanin (im koreanischen Schamanismus) plötzlich besessen von der gerufenen Gottheit. Es ist hier das Geschlecht der Gottheit egal. So können Frauen von Göttern und Männer auch von Göttinnen besessen werden. Während die Schamanin absichtlich invoziert, suchen sich die Loas/Orishas im Voodoo ihre „Pferde“ aus, die sie reiten. In all diesen Fällen können sich die Berittenen nachher kaum an die Besessenheit erinnern und auch nicht, was sie da gesagt oder gemacht haben. Ihr Bewusstsein ist für kurze Zeit sozusagen Eigentum der Gottheit. Sowohl im Voodoo als auch im koreanischen Schamanismus können die Geister/Gottheiten schnell wechseln, was für die Mitfeiernden Stress bedeutet, weil sie die Besessenen immer umkleiden müssen und die jeweiligen der Gottheit sympathischen Symbole und Gaben darreichen müssen, um die Gottheit wohlzustimmen.

Das sind soweit die Formen und Gründe, die mir zum Invozieren einfallen.


Ich selbst praktiziere eine persönliche Form, am ehesten der Voodoo-Philosophie ähnlich, wobei ich es aber der Gottheit überlasse, von mir Besitz zu ergreifen und für gewöhnlich nichts forciere. Das heißt, ich invoziere nicht absichtlich, sondern mach einfach meine Rituale, tanze und trommle dazu, und bete. Und wenn die Gottheit „mich reiten“ will, spüre ich ein Zittern in der Wirbelsäule. Allerdings bin ich nie ganz weg. Das heißt, so krass trancemäßig wie die Schamanen oder Voduisten war ich noch nie. Aber das Gefühl ist einfach geil. Wie eine ekstatische unio-mystica, tiefer Frieden, umfassende Glücksgefühle. Das ist bei mir der Grund, warum ich mich freu, wenn eine Gottheit im Ritual beschließt, mich für kurze Zeit in Besitz zu nehmen. (Kommt aber bei mir eher selten vor, das heißt, ich persönlich empfinde es als Gnade der Gottheit, wenn das passiert.) Im Normalfall ist die Gottheit bei mir ein „Du“, das ich verehre und zu der ich bete.

liebe Grüße

Mc Claudia

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