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Invozieren warum und wozu?

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Baldur:

--- Zitat von: "Nachtfalke" ---Warum zwingen die Christen, dass Jesus in sie einfährt? ;)
--- Ende Zitat ---
Weil sie's nicht besser wissen, essen sie ihren Gott sogar auf, ob das nun eine Invokation ist, lasse ich dahingestellt.

--- Zitat ---Ich denke noch immer, dass die Götter oder Wesenheiten Anteile von mir selbst sind und ich diese "zwinge" sich mir zu offenbaren... Warum sollte es negative Auswirkungen haben?

--- Ende Zitat ---
Ist naturgemäss auch ein Ansatz, aber dann ist es eher eine Sache für den Seelenklempner und hat mit Religiösität so gut wie nichts mehr zu tun.

--- Zitat ---Im Großen und Ganzen stelle ich mich meiner eigenen Persönlichkeit bzw meinem eigenen Wesen.
Und das Ritual ist das drumherum, damit ich an mein Unterbewusstsein dran komme... denk ich mir halt :)

--- Ende Zitat ---
Sehe ich nicht so, denn wenn es nur darum geht, um ans Unterbewusstsein dranzukommen, braucht es 1. die Götter nicht und 2. gäbe es effizentere Methoden um dies zu erreichen, als ein aufwändiges Ritual.

Meine 2 cent:
Wenn es die Götter gibt, wovon ich ausgehe, ist es eine Sache der Achtung und des Respekts, wie man miteinander umgeht.
Meines Erachtens ist es in etwa so, dass eine Evokation einer Einladung gleichkommt und eine Invokation einer Aufforderung. Also was mich betrifft, ich lasse mich schon als Mensch recht ungern zu etwas zwingen lassen....

asaheil ok vana
Baldur

Mc Claudia:
Hi,

sorry, ich habe übersehen, dass Nachtfalke und Funkelchen schon mehr geschrieben haben. Hier also ein Nachtrag:


--- Zitat von: "Funkelchen" ---Okay, dann so herum:
Habe ich das Recht (darf ich es mir anmaßen) eine Gottheit zu "zwingen" bzw. zu "beschwören"? Welche Folgen hätte dies ?
ist das jetzt besser verständlich ?
--- Ende Zitat ---

Als Magier/-in hast Du alle Rechte, was Gottheiten und Geister betrifft. Allein die Magierin trägt die Verantwortung. Kommt halt auf das eigene Glaubensbekenntnis an, aufs eigene Dogma, ob man nun ein Recht hat eine Gottheit zu zwingen oder nicht.

Wenn ich mir die klassische Antike (und damit auch die gallorömische Kultur) anguck, wurden Gottheiten nicht nur verehrt und angebetet, sondern auch gelockt, aufgefordert und erpresst. Man muss sich nur mal die ganzen Fluchtäfelchen angucken, wo die Gottheit aufgefordert wird, den xy zu bestrafen, weil er was Böses angestellt hat. u.ä.


--- Zitat von: "Baldur" ---Weil sie's nicht besser wissen, essen sie ihren Gott sogar auf, ob das nun eine Invokation ist, lasse ich dahingestellt.

--- Ende Zitat ---

Das ist Quatsch (von wegen nicht besser wissen). Und Dionysos wurde auch rituell verspeist. Das Abendmahl hat seinen Ursprung im Mithraskult. Invokation ist das keine, sondern eher das symbolische Verspeisen der Gottheit. Und das ist als Kult definitiv älter als das Christentum. Man isst sozusagen ganz krass das Heil, um am Heil der Gottheit durch Verspeisen habhaft zu werden.


--- Zitat von: "Baldur" ---Ist naturgemäss auch ein Ansatz, aber dann ist es eher eine Sache für den Seelenklempner und hat mit Religiösität so gut wie nichts mehr zu tun.

--- Ende Zitat ---

Diese Idee ist im Tantrismus durchaus üblich, wie ich oben geschrieben habe, wo man die Gottheitenform in sich selbst visualisiert. Gottheitenyoga heißt das, und die Idee ist eben auch die, dass die Gottheit als Personifikation einer bestimmten Sache auch im Selbst anteilig vorhanden ist. Das ganze ist eine religiös-rituelle Praxis, weniger eine Therapie.


--- Zitat von: "Baldur" ---Wenn es die Götter gibt, wovon ich ausgehe, ist es eine Sache der Achtung und des Respekts, wie man miteinander umgeht.
Meines Erachtens ist es in etwa so, dass eine Evokation einer Einladung gleichkommt und eine Invokation einer Aufforderung. Also was mich betrifft, ich lasse mich schon als Mensch recht ungern zu etwas zwingen lassen....

--- Ende Zitat ---

OK. Klartext: Eine Invokation ist per definitionem keine unhöflichere Form der Anrufung. Sowohl eine Invokation (das Hineinrufen der Wesenheit in eine Sache/einen Menschen) als auch eine Evokation (das Herbeirufen AUSSERHALB von einem selbst) kann man höflich, unhöflich, zwingend, erpresserisch, freundlich, beschwörend oder bittend machen. Die Invokation - im Gegensatz zur Evokation - sagt bloß, dass die Örtlichkeit, WOHIN die Wesenheit gerufen wird, ein materielles Etwas ist, wo HINEIN die Wesenheit gerufen wird, um von dort aus zu wirken, während bei der Evokation die Wesenheit einfach herbeigerufen wird (oder in der Zeremonialmagie europäischer Coleur in den Raum außerhalb des Schutzkreises gezwungen wird).

Eine rituelle Invokation, um die Gottheit so besser verehren zu können, findet man, wie schon gesagt, in Teilen des Schamanismus, im Voodoo, im Tantrismus, aber auch im normalen Hinduismus. Letzteres ist interessant.

Ein Hindupriester macht vor der Puja eine Übung, wo er die Kraft und das Wesen der Gottheit verinnerlicht. Das heißt, er sitzt vor der Statue und versinnbildlicht die Gottheit in sich selbst (ähnlich wie im Gottheiten-Yoga). Erst dann ist er RITUELL BERECHTIGT, die Gottheit korrekt zu verehren, weil er dann der Gottheit für die Zeit des Rituals ebenbürtig ist.

Eine entgegengesetzte Sichtweise findet man in der klassischen Antike. Alexander der Große kam nach Ephesos, wo gerade der Tempel nach der Brandstiftung wieder aufgebaut wurde. Der Feldherr war so hingerissen von dem Monumentalbau, dass er sich finanziell beteiligen wollte. Die Epheser aber wollten lieber unabhängig bleiben und lehnten das Angebot Alexanders diplomatisch ab mit den Worten, dass es sich für einen Gott nicht geziemt, einer Göttin zu huldigen.

Während also im Hinduismus es Voraussetzung für den Priester ist, für das Ritual gottgleich zu werden, ziemt es sich in der klassischen Antike nicht für die Priester, daran zu denken.

Erst in den Mysterienkulten dürfte sich das geändert haben, wo durch Mystik versucht wurde, die unio mystica zu erreichen.

Was ich damit sagen will: Es kommt immer auf den Standpunkt an, auf den Glauben, wie man die Gottheiten sieht, ob man Invokationen oder mystische Übungen jetzt passend findet oder nicht. Keinesfalls sind diese Formen der Invokation aber in irgendeiner Weise ein Zwang für die Gottheiten. Die Gottheiten werden gebeten, rituell angerufen - aber nicht gezwungen.

Umgekehrt kann man auch gewalttätig evozieren, wie es eben die Zeremonialmagie vormacht. Eine Gottheit oder ein Geist wird unter Androhung von Höllenstrafen herbeigerufen und so gezwungen zu erscheinen und die Wünsche des Magiers zu erfüllen. Nachzulesen in diversen Grimoires.

Inwieweit es bei den Germanen oder Kelten Invokationen gegeben hat, entzieht sich meinem Wissen. Und die Trennlinie zwischen „sich verkleiden“, „Theater spielen“ und „so tun als ob“ einerseits und einer „echten“ Invokation andererseits sind m.E. sehr fließend. In der klassischen Antike gab es auf jeden Fall Spiele und Umzüge zu Ehren der Gottheiten (v.a. des Dionysos), wo sich Darsteller/-innen als Gottheiten verkleideten. Ähnliches wird es wahrscheinlich auch bei den Germanen und Kelten gegeben haben. Ich meine, woher sonst kämen die Heischegänge, Perchtenläufe, das irische Brigid-Ritual (der Hausherr verkleidet sich als Brigit) etc.?

Invokationen können also sehr wohl respektvoll sein und Evokationen auch ganz bös und respektlos.

liebe Grüße

Mc Claudia

Crysalgira:
Mc Claudia schrieb:
"Erst in den Mysterienkulten dürfte sich das geändert haben, wo durch Mystik versucht wurde, die unio mystica zu erreichen. "

Nunja, aber hat die unio mystica wirklich etwas mit Invokation zu tun?

Ich seh das ein bisschen differenzierter: natürlich öffne ich mich in einem Ritual dem Göttlichen, mache mich sozusagen bereit für den Fall, dass die Gottheit "vorbeischauen" möchte  :) , rufe sie auch an in Gebet und Chant, werde Teil der allumfassenden göttlichen Energie bzw. werde mir bewusst, dass ich das ohnehin bin - das ist die unio mystica für mich, welche nicht notwendiger Weise an ein Ritual gebunden ist

ich und das Göttliche "zwingen"?! niemalsnicht! eher umgehkehrt  :D
Crysalgira

Athunis:
hmmm...

das "zwingen" gibt es in beide richtungen, gottheit zwingt mensch oder mensch den geist in ihm zu erscheinen. obwohl ich mir gedanken mache ob das nicht eine wortklauberei ist zwischen dem einladen und dem zwingen. das endergebnis ist bei allen ähnlich: man bittet und man beschwört, vielleicht eine bessere ausdrucksweise... im vodu  hat mensch zwar kraft, aber benötigt fast immer die lwa um noch mehr kraft zu haben, sie stehen quasi über uns. der sinn ist, die kraft einzuladen (ob sie kommen, hängt von mehreren faktoren ab), einer der spannendensten auswirkungen ist die, das man sich dann direkt mit dieser gottheit unterhalten kann, fragen, bitten und interagieren. @ funkelchen, das recht hast du immer, die frage ist nur ob ihr euch bei dieser sehr intimen begegnung gut tut. denn hier kommen die alten vorstellungen hoch, das man das geistwesen kennen sollte um keinen schaden davonzutragen... daher gibt es je nach religion auch regeln die tradiert sind wenn ein bekanntes geistwesen oder gottheit erscheint. meist halt auch zum schutz für das medium und der umgebung...

Mc Claudia:
Hi Crysalgira,

ich glaube schon, dass man die unio mystica als Art Invokation beschreiben kann. Denn man "ruft" die Gottheit ja, mit Namen, Eigenschaften, betet zu ihr. Und wenn sie in einem drin ist, ist das eine Vereinigung oder Durchdringung von Mensch und Gottheit. Wie gesagt, der Begriff Invokation an sich insistiert ja keinen Zwang, insistiert auch nicht unbedingt ein Forcieren.

Ich glaube, da ist ein großer Graubereich, von weiß bis schwarz (nicht wertend gemeint).

Auf der einen Seite ist das absichtliche in sich-hinein-zwingen eines Wesens, auf der anderen das einfache Gebet, das "zufällig" zum Gnadenakt der unio mystica oder der Besessenheit führen kann.

LieGrü

Mc Claudia

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