Feuerkreise

Der äußere Kreis (für Gäste sichtbar) => Philosophischer Pavillon => Thema gestartet von: Mc Claudia am Januar 18, 2011, 13:52:16

Titel: Erkenntnistheorie
Beitrag von: Mc Claudia am Januar 18, 2011, 13:52:16
Hi,

angeregt durch meinen Thread über Glauben kam wieder mal die Frage nach der Erkenntnismöglichkeit auf. Mich würde interessieren, welche Form der Erkenntnistheorie Ihr bevorzugt. Ich habe dafür eine Umfrage gestartet und versucht, möglichst viele Antworten reinzupacken. Mehrfachantworten sind möglich. Wenn ich was vergessen habe, bitte im Thread schreiben.

Da man nur 10 Antwortmöglichkeiten eingeben kann, habe ich einige Punkte zusammenfassen müssen.

Da die meisten User/innen hier (mich inbegriffen) kein Studium abgeschlossen haben, hier die nötigen Erklärungen, was was ist:

http://de.wikipedia.org/wiki/Erkenntnistheorie (http://de.wikipedia.org/wiki/Erkenntnistheorie)

sowie unter den entsprechenden Seiten auf Wikipedia. (Ich gebs zu, auch ich bin ob der Vielfalt an Herangehensweisen leicht überfordert. *ggg*)

Die Umfrage endet am 28. Februar 2011.

Danke schon mal fürs Mitmachen und liebe Grüße

Mc Claudia
Titel: Re: Erkenntnistheorie
Beitrag von: Ink Ognito am Januar 18, 2011, 14:11:58
Und wieso kann man nur fünf Optionen auswählen?
Titel: Re: Erkenntnistheorie
Beitrag von: Mc Claudia am Januar 18, 2011, 14:31:31
Weil das die Hälfte von 10 ist.  :goofy:

Magst leicht mehr haben?
Titel: Re: Erkenntnistheorie
Beitrag von: Ink Ognito am Januar 18, 2011, 14:48:47
Die Frage allein...  :rolleyes:
Titel: Re: Erkenntnistheorie
Beitrag von: morgane am Januar 18, 2011, 15:16:37
Nachdem ich mich erstmal in wicki schlau gemacht habe, habe ich mein häkchen gemacht. Nun meine etwas naive frage: wieso kann man mehrere auswählen? Ich habe den eindruck, das eine schließt das andere aus. :goofy:

lg morgane
Titel: Re: Erkenntnistheorie
Beitrag von: Ink Ognito am Januar 18, 2011, 16:01:09
Zitat von: "morgane"
wieso kann man mehrere auswählen? Ich habe den eindruck, das eine schließt das andere aus. :goofy:


Manche Ansätze ergänzen einander aber auch und manche sind in bestimmten Kontexten von Bedeutung. So kann man durchaus mehrere Ansätze vertreten.
Titel: Re: Erkenntnistheorie
Beitrag von: Crysalgira am Januar 18, 2011, 16:26:07
manches ergibt sich aber auch aus dem anderen, so sind Occam, Wittgenstein und der Wiener Kreis für mich die geistigen Vorläufter von Lorenz und Popper (oder Lorenz und Popper haben jeder für sich das bestehende Modell ergänzt bzw. erweitert)

ich hab mich für das Modell Lorenz-Popper entschieden

früher hab ich ja eher Richtung Descartes und Kant tendiert, aber da war ich wohl noch zu sehr auf dem geisteswissenschaftlichen Trip unterwegs  :)

Theorien sind und bleiben es alle ... und keiner, noch nicht mal Popper oder Lorenz, geben der Intuition den Raum, welchen sie im Rahmen der Erkenntnis hat

Crysalgira
Titel: Re: Erkenntnistheorie
Beitrag von: Ink Ognito am Januar 18, 2011, 16:30:01
Zitat von: "Crysalgira"

Theorien sind und bleiben es alle ... und keiner, noch nicht mal Popper oder Lorenz, geben der Intuition den Raum, welchen sie im Rahmen der Erkenntnis hat


 :eek:  Ja aber... Lorenz? Gestaltwahrnehmungs? Nein?!!?
Titel: Re: Erkenntnistheorie
Beitrag von: Crysalgira am Januar 18, 2011, 16:39:55
Nein, Gestaltwahrnehmung ist nicht das gleiche wie Intuition, weil sie begründbar ist und, wie Lorenz selbst sagt, an-erziehbar, also erlernbar
Eigenschaften, welche Intuition nicht hat

leider können wir Lorenz selbst nicht mehr fragen, ob er die Begriffe gleichgesetzt hätte  :)

Es ist aber wohl schon so, dass Intuition ein Teil des Gestaltwahrnehmungsprozesses ist - vielleicht hängt es von genau diesem Teil ab, wie gut die Wahrnehmung dem einzelnen gelingt?
Titel: Re: Erkenntnistheorie
Beitrag von: Mc Claudia am Januar 18, 2011, 16:40:49
Auch auf die Gefahr hin, dass ich nicht alle voll verstanden habe, hab ich tatsächlich auch fünf gefunden, die ich am ehesten bevorzuge:

Empirismus, Kritizismus, Materialismus/Realismus, kritischer Empirismus/Positivismus (ich finde Ockhams Rasiermesser einfach geil) und latürnich mein Liebling Carl Popper, der mir mit seiner Idee erst die Augen für wissenschaftliches Denken geöffnet hat (hatte halt das Glück, der erste zu sein, der mich "anhupfte"  :D   ).

Bis vor einigen Jahren bevorzugte ich den Methodenpluralismus a'la Feyerabend, weil ich seine positive Darstellung des Polytheismus so geil fand. Bei genauerer Betrachtung kann ich aber seinen anything-goes-Ansatz heute nicht mehr zustimmen.

@Ink Ognito:
Ich habe fünf Antwortmöglichkeiten ausgewählt, weil ich dachte, dass das reicht. Bringt ja nix, wenn man fast alles ankreuzt. Jetzt im Nachhinein kann ich es aber leider nimmer ändern. sorry.
Titel: Re: Erkenntnistheorie/Intuition
Beitrag von: rivka am Januar 18, 2011, 17:23:30
Nur ganz kurz im Vorbeigehen: "Die Intuition (v. lat.: intueri = betrachten, erwägen; PPP intuitum) ist die Fähigkeit, Einsichten in Sachverhalte, Sichtweisen, Gesetzmäßigkeiten oder die subjektive Stimmigkeit von Entscheidungen ohne diskursiven Gebrauch des Verstandes, also etwa ohne bewusste Schlussfolgerungen, zu erlangen." (http://de.wikipedia.org/wiki/Intuition (http://de.wikipedia.org/wiki/Intuition)) Das ist natürlich genau das, was Erkenntnistheorie nicht ist.

Intuition kann aber sehr wohl einer Theoriebildung vorausgehen, wie Konrad Lorenz es selbst sehr anschaulich in seinem Bericht über das Entstehen des Gestaltwahrnehmungskonzepts zeigt, das auf seiner Beobachtung basiert (u.A.), dass gute Ärzte durch reines Anschauen des Patienten Krankheiten erkennen können. Das ist der intuitive Teil. Lorenz Theorie beruht auf dem Wunsch, die Intuition des Artzes eben gerade durch duskursiven Gebrauch des Verstandes und bewusste Schluussfolgerungen mit Hilfe einer Theorie zu erklären, in welcher die Intuition dann eben nicht mehr vorkommt, weil sie ja gerade durch den präziseren Begriff der "Gestaltwahrnehmung" verwissenschaftlicht wird.

Dass Intuition vielen Theorien vorläuft, versteht sich. Ein bekanntes, von ihm selbst beschriebenes Beispiel liefert sowohl Einstein als auch Hawking (und viele andere).

Aber innerhalb einer Theorie den diskursien Gebrauch des Verstandes aufzugeben würde die Theorie schlicht indiskutabel machen.
Titel: Re: Erkenntnistheorie
Beitrag von: Mc Claudia am Januar 18, 2011, 17:30:16
Danke Rivka,

viele Erkenntnisse sind durch Träume, Intuition, Geistesblitze zustandekommen. Das ist übrigens auch das, was Feyerabend am "Methodenzwang" kritisiert. Dass eben viele Erkenntnisse außerhalb der standardisierten Methoden zustande gekommen sind.

ABER: Weder Einstein noch wer anderer wird eine wissenschaftliche Erkenntnis haben, wenn er/sie keine Vorerfahrung hat. Das heißt, jemand, der sich nie mit Quantentheorie beschäftigt hat, wird noch so oft einen quantentheoretischen Traum haben können, er wird ihn nicht verstehen, weil die Vorerfahrung fehlt.

Oft zählt das "Hirn" eins und eins zusammen, wenn man es gar nicht erwartet (also beim Träumen oder auf der Toilette  :D  ). Deshalb gehen trotzdem wissenschaftliche Methoden und eine intensive Beschäftigung mit dem Thema voran.

Während man also alleine mit Methoden und Nachdenken zu Erkenntnissen kommen kann wird man ohne Vorwissen alleine mit Intuition eher selten zu Erkenntnissen kommen.

liebe Grüße

Mc Claudia
Titel: Re: Erkenntnistheorie
Beitrag von: Merlin am Januar 18, 2011, 17:57:30
Bräuchte ja mehrere leben um alle zu lesen, geschweige denn zu verstehen. Aber mich spricht http://de.wikipedia.org/wiki/Jean_Gebser (http://de.wikipedia.org/wiki/Jean_Gebser) seeehr an. Der leider anscheinend recht unbekannte philosoph, noch dazu deutscher herkunft, hat mich mit seinen büchern "Ursprung und Wirklichkeit" fasziniert.

Zitat aus Wikipedia: Gebser hatte diesen Grundgedanken einerseits in einerplötzlichen Eingebung empfangen, andererseits jedoch in jahrelanger Arbeit als Grundanliegen der schöpferischen Bemühungen unserer Zeit entdecken können.

Gemeint sind die theorie des „aperspektivischen“ Zeitalters und des integralen bewusstseins. Übrigens auch prof. jörg purner mit seinem 2010 erschienen buch "Im Zeichen der Einheit" schlägt in die selbe Kerbe :)
Titel: Re: Erkenntnistheorie
Beitrag von: Baldur am Januar 18, 2011, 18:28:52
Zitat von: "Mc Claudia"
Danke Rivka,
ABER: Weder Einstein noch wer anderer wird eine wissenschaftliche Erkenntnis haben, wenn er/sie keine Vorerfahrung hat. Das heißt, jemand, der sich nie mit Quantentheorie beschäftigt hat, wird noch so oft einen quantentheoretischen Traum haben können, er wird ihn nicht verstehen, weil die Vorerfahrung fehlt.
Oft zählt das "Hirn" eins und eins zusammen, wenn man es gar nicht erwartet (also beim Träumen oder auf der Toilette  :D  ). Deshalb gehen trotzdem wissenschaftliche Methoden und eine intensive Beschäftigung mit dem Thema voran.
Sehe ich nicht so, bestes Besipiel ist Kekulé, der Entdecker der Benzolformel.
Er träumte von einer Schlnage, die sich selbst in den Schwanz biss.  Nun die Schlange hat mal so gar nichts mit Benzol zu tun.

Also wenn nun jemand eine Traum von sagen wir mal einem Billardspiel hat und sieht wie sich die Kugeln bei verschiedenen Drehungen verhalten, denke ich auch, dass er dadurch den Spin auch besser verstehen wird, auch wenn er nun kein tiefes Quantenverständnis hat.

asaheil ok vana
Baldur
Titel: Re: Erkenntnistheorie
Beitrag von: Mc Claudia am Januar 18, 2011, 19:55:02
Hi Baldur,

Du hast mich nicht ganz verstanden  ;)  : Kekulé war m.W. Chemiker, nicht? Das heißt, er hat sich wohl ausführlichst mit Chemie befasst, bevor er von was auch immer träumte, das ihm zur Erkenntnis brachte.

Ein Mensch ohne jegliche Chemiekenntnisse hätte diese Schlange sicher anders gedeutet.

liebe Grüße

Mc Claudia
Titel: Re: Erkenntnistheorie
Beitrag von: morgane am Januar 18, 2011, 21:27:18
Soweit mir bekannt, befasst sich Kekulé äußerst intensiv und auf wissenschaftlicher basis mit mit der der benzol - struktur. Dabei half ihm dann dieser traum von der schlange, die sich in den schwanz beißt, weiter.

Ich dagegen träume häufig von schlangen, die aber sicherlich nichts mit chemischen formeln zu tun haben, da ich kein chemiker bin. Das vorwissen dürfte also für derartige intuitive erkenntnisse wichtig sein. Es gibt aber sicher auch intuitive erkenntnisse, die nicht so abhängig von einem speziellen vorwissen sind, die mehr in richtung archetypen gehen.

lg morgane
Titel: Re: Erkenntnistheorie
Beitrag von: barbara am Januar 18, 2011, 22:47:25
Zitat von: "Merlin"
Bräuchte ja mehrere leben um alle zu lesen, geschweige denn zu verstehen. Aber mich spricht http://de.wikipedia.org/wiki/Jean_Gebser (http://de.wikipedia.org/wiki/Jean_Gebser) seeehr an. Der leider anscheinend recht unbekannte philosoph, noch dazu deutscher herkunft, hat mich mit seinen büchern "Ursprung und Wirklichkeit" fasziniert.

Zitat aus Wikipedia: Gebser hatte diesen Grundgedanken einerseits in einerplötzlichen Eingebung empfangen, andererseits jedoch in jahrelanger Arbeit als Grundanliegen der schöpferischen Bemühungen unserer Zeit entdecken können.

Gemeint sind die theorie des „aperspektivischen“ Zeitalters und des integralen bewusstseins. Übrigens auch prof. jörg purner mit seinem 2010 erschienen buch "Im Zeichen der Einheit" schlägt in die selbe Kerbe :)

oh ja, von dem hab ic hschon einiges gehört - zuerst mal im pädagogischen Seminar, später dann bei Wilber, der hätte bei mir ein grosses Kreuz bekommen, hätte er auf der Liste gestanden.

Weil aber nicht, hab ich Platon genommen wegen dem Höhlengleichnis, den radikalen Konstruktivismus, und als Letztes noch Foucault, weil ich den sympathisch finde.

Dass grundlegende Fortschritte bzw Erweiterungen aktueller Kenntnisse immer ausserhalb der etablierten Methoden entstehen müssen, scheint mir in der Natur der Sache zu liegen - immer dann, wenn es sich nicht darum handelt, neue Denk-Inhalte zu erfassen, sondern dann, wenn sich die Struktur des Denkens selbst ändert.

grüsse, barbara
Titel: Re: Erkenntnistheorie
Beitrag von: fox am Februar 02, 2012, 21:31:11
Interessant, dass Größen wie Nagarjuna, Vivekananda oder europäische äquivalente Charaktere nicht aufscheinen, die sehr tief und klar und weitblickend geforscht haben.

Auch bei neuzeitlicheren Richtungen empfiehlt sich der Gang in ein Buchgeschäft oder eine Bibliothek zusätzlich zum schnellen Tastendruck in Richtung des allgegenwärtigen geistigen Fastfoods Wikipedia.

LG

Fox
Titel: Re: Erkenntnistheorie
Beitrag von: fox am Februar 19, 2012, 15:19:14
Mc Claudia hat gefragt, ob es möglich wäre, die genannten Vermitler von Weisheit und Entwicklung vorzustellen, weil sie gerade intensiv mit anderen erkenntnistheoretischen Positionen beschäftigt sei, nichts anderes in größerem Ausmaß zu lesen imstande sei und auch keine Lust dazu habe. Aber im Grunde genommen geht es ja um die eigene Anstrengung etwas zu entdecken, angeregt durch einen geistigen spirituellen Menschen und da genügt oft ein kurzer Ausspruch, ein Absatz, eine Seite, die einen über lange Zeit innerlich und in eigenen Lebenssituationen beschäftigen und begleiten kann.
Die äußerliche Schriftgelehrtheit liefern ja die Alltagswelt und die offiziellen institutionen - warum soll man das in eine spirituelle Bewegung partout hineinpacken? - noch dazu, wenn viele dieser profanen Geistesgrößen inhaltlich manchmal ambivalent sind oder mit allen Vieren auf der Erde stehen oder falls sie zu gedanklichen Höhenflügen aufgebrochen sind, mit den anderen Teilen ihrer Person dem gar nicht gefolgt sind?!


LG

Fox