Feuerkreise

Der äußere Kreis (für Gäste sichtbar) => Philosophischer Pavillon => Thema gestartet von: Mc Claudia am April 18, 2011, 15:51:20

Titel: Brauchen wir kosmische Konsequenzen?
Beitrag von: Mc Claudia am April 18, 2011, 15:51:20
Hi,

aufbauend auf dem Inkarnationsthread stelle ich hier folgende Frage:

WARUM HANDELN WIR ETHISCH?

Nun muss letztlich eh jede/r selbst entscheiden, was gut und was nicht gut ist, was man tun und was man lassen soll.

Ein Fakt ist jedenfalls: Ethik und Moral ist nur dann notwendig, wenn ein Mensch auf ein anderes fühlendes Lebewesen trifft. V.a., wenn zumindest zwei Menschen zusammenkommen. Ein Mensch, der alleine lebt ohne andere Menschen weit und breit braucht keine Ethik, weil er niemandem schaden oder nützen kann.

Die Religionen, die mit miesen Wiedergeburten oder Hölle oder ähnlichem drohen, gehen offenbar davon aus, dass Menschen eine höhere Instanz brauchen, die ihnen in den „Arsch tritt“, damit sie ethisch handeln (ob das von Religionen erwünschte Handeln immer ethisch ist – im vernünftigen und mitmenschlichen Sinne – lasse ich mal außen vor, ist aber auch eine wichtige Frage!)

Hölle gibts ja nicht nur im Islam und im Christentum, sondern auch im alten Griechenland (Tartaros), im alten Ägypten, im alten Rom, im Buddhismus, im Hinduismus, bei den Wikingern. Gleich ist diesen Vorstellungen, dass da keiner gern hinkommt, es Scheiße ist, man leidet, sinnlose Aufgaben machen muss oder gar von irgendwelchen Dämonen aufs bestialischste gefoltert wird. Die einen Höllen dauern ewig, die anderen nur ein paar Jahrtausende, aus anderen kann man erlöst werden. Wie auch immer, eine Hölle oder eine schlechte Wiedergeburt ist die mythisch-spirituelle Version des irdischen Strafrechts. Die Konsequenz im Jenseits oder in einem nächsten Leben für Verfehlungen in diesem Leben.

Meine Frage ist jetzt: Hat ein Mensch wirklich ein tiefes ethisches Verständnis, wenn er Böses unterlässt, nur damit er nicht bestraft wird (egal ob hier oder drüben)?

Welche Motivationen, ethisch zu handeln, gibt es, wenn es mit Sicherheit, kein Strafen geben würde, wenn also niemand, kein Gericht, kein Staat, kein Karmagesetz, kein Gott böse Taten bestrafen würde? Welchen Grund hätte man dann, ethisch zu handeln?

Materielle Ideen (Epikureismus, Utilitarismus, etc.) gehen davon aus, dass das Individuum selbst sich besser fühlt, wenn es gutes tut und böses meidet, da das Zusammenleben angenehmer wird, wenn man nett zueinander ist. Dem könnte ich zustimmen – grundsätzlich. Blöd nur, dass es Soziopathen und Psychopathen gibt, die dieses Wohlbefinden bei ethischem Handeln so gar nicht spüren.

OK, also gehen wir davon aus, dass der „normale Mensch“ kein Psychopath ist.

Würde er ethisch handeln, wenn ihm keine schlimmen Konsequenzen und Strafen drohten?

Warum handelt Ihr ethisch?

Glaubt Ihr an kosmische oder göttliche Gesetze, die für Ausgleich sorgen, wie Karma oder das Berühmte „Böse Zauber kommen dreifach zurück.“ oder ähnliches?

Glaubt Ihr an ewige oder zeitlich begrenzte Höllen im Jenseits?

Was genau wird kosmisch geahndet, welche Taten? Auch Worte? Auch Gedanken? (Laut Buddhismus ist ja die Absicht das wichtigste, und auch in der Bibel findet man Gedankensünden – gibt es also so etwas wie die kosmische Gedankenpolizei?)

Und die Gretchenfrage zum Schluss: Wie weiß man, ob eine Tat schlecht war? Woran macht man das fest?

Liebe Grüße

Mc Claudia
Titel: Re: Brauchen wir kosmische Konsequenzen?
Beitrag von: barbara am April 18, 2011, 21:23:50
Zitat von: "Mc Claudia"
Meine Frage ist jetzt: Hat ein Mensch wirklich ein tiefes ethisches Verständnis, wenn er Böses unterlässt, nur damit er nicht bestraft wird (egal ob hier oder drüben)?

Es gibt solche und andere.



Zitat
Welche Motivationen, ethisch zu handeln, gibt es, wenn es mit Sicherheit, kein Strafen geben würde, wenn also niemand, kein Gericht, kein Staat, kein Karmagesetz, kein Gott böse Taten bestrafen würde? Welchen Grund hätte man dann, ethisch zu handeln?

Karma ist nicht Strafe, es ist bloss Konsequenz. Wenn du aus dem Fenster springst und dir das Bein brichst, ist das auch nicht Strafe, sondern Konsequenz - Naturgesetze kann man nicht einfach ignorieren und glauben, es gäbe keine Konsequenzen.

Wenn es gar keine Konsequenzen gäbe, so wäre Handeln gar nicht möglich - bzw es wär ein Handeln ins Leere. Nicht sehr befriedigend.

Zitat
Würde er ethisch handeln, wenn ihm keine schlimmen Konsequenzen und Strafen drohten?

normale Menschen handeln in der Regel ethisch. Wir sind schliesslich soziale Wesen, das sozial-sein ist in uns eingebaut.



Zitat
Warum handelt Ihr ethisch?

Weil ich es will.



Zitat
Glaubt Ihr an kosmische oder göttliche Gesetze, die für Ausgleich sorgen, wie Karma oder das Berühmte „Böse Zauber kommen dreifach zurück.“ oder ähnliches?

ich brauche nicht zu glauben, was ich täglich erlebe.


Zitat
Glaubt Ihr an ewige oder zeitlich begrenzte Höllen im Jenseits?

nicht nur im Jenseits, auch im Diesseits. Vor allem im Diesseits.


Zitat
Was genau wird kosmisch geahndet, welche Taten? Auch Worte? Auch Gedanken? (Laut Buddhismus ist ja die Absicht das wichtigste, und auch in der Bibel findet man Gedankensünden – gibt es also so etwas wie die kosmische Gedankenpolizei?)

alles.


Zitat
Und die Gretchenfrage zum Schluss: Wie weiß man, ob eine Tat schlecht war? Woran macht man das fest?

an den Konsequenzen, die daraus folgen.
(ja, das ist relativ)

grüsse, barbara
Titel: Re: Brauchen wir kosmische Konsequenzen?
Beitrag von: AnufaEllhorn am April 18, 2011, 23:25:58
Well met, Mc Claudia ;)

Zitat von: "Mc Claudia"
WARUM HANDELN WIR ETHISCH?

Imho Sozialisation  :D

Zitat von: "Mc Claudia"
Ein Fakt ist jedenfalls: Ethik und Moral ist nur dann notwendig, wenn ein Mensch auf ein anderes fühlendes Lebewesen trifft. V.a., wenn zumindest zwei Menschen zusammenkommen. Ein Mensch, der alleine lebt ohne andere Menschen weit und breit braucht keine Ethik, weil er niemandem schaden oder nützen kann.

Seh ich nicht so - siehe Wolfskinder - je nachdem wer das Kind sozialisiert, so schaut die Ethik (oder auch Moral) halt aus. Tiere haben ebenfalls Verhaltensregeln (prinzipiell sehe ich Ethik als nichts anderes)

Zitat von: "Mc Claudia"
Die Religionen, die mit miesen Wiedergeburten oder Hölle oder ähnlichem drohen, gehen offenbar davon aus, dass Menschen eine höhere Instanz brauchen, die ihnen in den „Arsch tritt“, damit sie ethisch handeln (ob das von Religionen erwünschte Handeln immer ethisch ist – im vernünftigen und mitmenschlichen Sinne – lasse ich mal außen vor, ist aber auch eine wichtige Frage!)

Freiwilligkeit gibt es bei bestimmten Handlungen sicher auch, für den Großteil der Menschen wird es aber ohne Repressalien nicht funzen - der Illusion hänge ich nicht mehr anheim. Eigenverantwortung ist etwas, das leider erst erarbeitet werden muss und diese Fertigkeit wird kaum gelehrt...

Zitat von: "Mc Claudia"
Meine Frage ist jetzt: Hat ein Mensch wirklich ein tiefes ethisches Verständnis, wenn er Böses unterlässt, nur damit er nicht bestraft wird (egal ob hier oder drüben)?

Unterlassen um nicht bestraft zu werden entbehrt für mich der Freiwilligkeit...

Zitat von: "Mc Claudia"
Welche Motivationen, ethisch zu handeln, gibt es, wenn es mit Sicherheit, kein Strafen geben würde, wenn also niemand, kein Gericht, kein Staat, kein Karmagesetz, kein Gott böse Taten bestrafen würde? Welchen Grund hätte man dann, ethisch zu handeln?

Als Einzelner hätte mensch wohl kaum eine Veranlassung dazu - wäre mensch ja schön blöd, weil damit schon klar ist, wer den Kürzeren zieht, wenn Einer immer ethisch handelt  :weißnicht:
Wenn das aber die Mehrheit so sehen würde, dann wäre das Leben schlichtweg einfacher, weil es wesentlich "sauberere Verhältnisse" geben würde. Aber wie gesagt, ich denke nicht, dass das in der Menschheit überhaupt möglich ist...

Zitat von: "Mc Claudia"
Blöd nur, dass es Soziopathen und Psychopathen gibt, die dieses Wohlbefinden bei ethischem Handeln so gar nicht spüren.

Ich nehme mal stark an, dass wenn mensch in Geborgenheit, Sicherheit und liebevollem Umfeld (was dann ja gegeben wäre) reingeboren werden würde und dieses Klima auch aufrecht erhalten werden würde, dann tät es keine Soziopathen geben (weil wie sollt jemand auf eine solche Idee kommen, wenn alle ethisch handeln??)

Zitat von: "Mc Claudia"
Würde er ethisch handeln, wenn ihm keine schlimmen Konsequenzen und Strafen drohten?

Soweit ich das überblicken kann, handle ich seit ich erwachsen bin (soweit es mir möglich ist) ethisch und mir ist völlig wurscht, ob ich nach Gesetz keinen bestehlen darf (habe ich nicht vor und könnt ich mir nicht vorstellen); ob ich keinen umlegen darf, ist mir völlig wurscht, weil ich auch das unter Normalbedingungen nicht vorhabe etc pp

Zitat von: "Mc Claudia"
Warum handelt Ihr ethisch?

Weil ich zumindest verbal so sozialisiert wurde - was Du nicht willst dass man Dir tu, das füg auch keinem anderen zu 8) Ich mag nicht, dass mir jemand weh tut, mir was wegnimmt also warum sollte ich das machen? Mir fehlt einfach ein gutes Argument, warum ich unethisch sein sollte  :D

Zitat von: "Mc Claudia"
Glaubt Ihr an kosmische oder göttliche Gesetze, die für Ausgleich sorgen, wie Karma oder das Berühmte „Böse Zauber kommen dreifach zurück.“ oder ähnliches?

Ich glaube an Ursache und Wirkung (wenn ich ohne Regenschutz im Regen steh, dann werd ich nass) also Karma in diesem Sinne. Ich glaube an den wahren Willen und an das All-Eine - damit brauchts einfach gute Argumente für unethisches Verhalten  :D

Zitat von: "Mc Claudia"
Glaubt Ihr an ewige oder zeitlich begrenzte Höllen im Jenseits?

Ich glaube an eine entweder ewige oder zeitlich begrenzte Hölle, die sich jeder selber bereitet ob seines schlechten Gewissens.

Zitat von: "Mc Claudia"
Was genau wird kosmisch geahndet, welche Taten? Auch Worte? Auch Gedanken? (Laut Buddhismus ist ja die Absicht das wichtigste, und auch in der Bibel findet man Gedankensünden – gibt es also so etwas wie die kosmische Gedankenpolizei?)

Kosmisch geahndet wird imho garnix - ich allein (bzw mein Selbst) ahnde und damit gibt es sowohl Gedankenpolizei (will ich doch mal stark hoffen, dass ich weiss was ich denke, bevor ich gehört habe, was ich sage  :D ) als auch alles, was es da in diesem Kontext überhaupt geben kann.

Zitat von: "Mc Claudia"
Und die Gretchenfrage zum Schluss: Wie weiß man, ob eine Tat schlecht war? Woran macht man das fest?

Wissen tut mensch das zu Lebzeiten imho garnicht - wie sollte mensch begrenzter Weise auch die tatsächlichen Folgen des eigenen Handelns überblicken können? Harte Grenzen, messbare Abstufungen, objektivierbare Effekte - da lachen sich die Götter einen Ast :ugly:
Titel: Re: Brauchen wir kosmische Konsequenzen?
Beitrag von: sigrun am April 19, 2011, 08:49:45
Zitat von: "Mc Claudia"
WARUM HANDELN WIR ETHISCH?
Laut Biologen ist Ethik etwas das uns biologisch mitgegeben wird. Tiere töten in der Regel auch nicht sinnlos, ein Rudel muss als soziale Einheit funktionieren oder alle darin sterben, ...
Also ist wohl eher die Frage zu stellen: WARUM HANDELN WIR UNETHISCH?
Ich glaube umso spiritueller ein Mensch ist, umso mehr ist er mit seinem Inneren im Einklang und handelt automatisch seiner Natur entsprechend, nämlich ethisch.
Trotzdem ist die Versuchung da unethisch zu sein. Für diesen Fall braucht der Mensch einen kleinen Stoß in die richtige Richtung, also eine Belohnung bzw. Strafe.

Zitat von: "Mc Claudia"
Hat ein Mensch wirklich ein tiefes ethisches Verständnis, wenn er Böses unterlässt, nur damit er nicht bestraft wird (egal ob hier oder drüben)?
Das Verlangen ethisch zu handeln ist viel tiefer verwurzelt. Ich glaube nicht dass jemand Böses NUR deshalb unterlässt.

Zitat von: "Mc Claudia"
Welche Motivationen, ethisch zu handeln, gibt es, wenn es mit Sicherheit, kein Strafen geben würde? Welchen Grund hätte man dann, ethisch zu handeln?
Es liegt ganz einfach in deiner Natur (= Schöpfung ?)

Zitat von: "Mc Claudia"
Warum handelt Ihr ethisch?
Ich handle ethisch, weil es eine Frage des Respektes ist. Respekt vor dir, Respekt vor der Schöpfung und damit Respekt vor allem das existiert. Wo dieser Respekt herkommt? Wahrscheinlich auch ein Teil der Schöpfung (biologisch gesehen ein Teil der Evolution).

Zitat von: "Mc Claudia"
Glaubt Ihr an kosmische oder göttliche Gesetze, die für Ausgleich sorgen, wie Karma oder das Berühmte „Böse Zauber kommen dreifach zurück.“ oder ähnliches?  
Ich glaube auf jeden Fall nicht, dass ich am Ende meines Lebens vor einem Richter stehe und für meine Taten zur Verantwortung gezogen werde (auch nicht im nächsten Leben) und trotzdem halte ich mich für einen anständigen Menschen.

Zitat von: "Mc Claudia"
Wie weiß man, ob eine Tat schlecht war? Woran macht man das fest?
Ich glaube wir sind hier um zu lernen. Und solange wir nicht ausgelernt haben, werden wir zurückgeschickt um weiter zu lernen. Was gut und was schlecht ist, ist eine sehr komplexe Frage und auch das ist eines der Dinge, die wir hier zu lernen haben. Übrigens: Fehler machen (= unethisches Handeln) gehört zum Lernen dazu (ist somit ein sinnvoller und notwendiger Teil unserer Existenz).
Titel: Re: Brauchen wir kosmische Konsequenzen?
Beitrag von: dagaz am April 19, 2011, 11:33:58
Zitat von: "sigrun"
Also ist wohl eher die Frage zu stellen: WARUM HANDELN WIR UNETHISCH?

ich würde mal sagen: weil wir seit beginn der jungsteinzeit nicht mehr artgerecht leben. wir sind im wesentlichen affen, also kleingruppenwesen, leben aber großteils in populationen, die eher für ameisen funktionieren. wer nicht zu den ca. hundert leuten gehört, die wir persönlich kennen, ist ein wandelnder baum, dessen früchte (z.b. brieftasche, handy) wir laut unserem "gewissen" (= von der evolution eingepflanztem sozialverhalten) jederzeit pflücken dürften, gäbe es inzwischen nicht übergeordnete regelwerke wie das strafrecht, die verhindern, dass uns in permanenten bandenkriegen aufreiben. die drohung ausgedehnter höllenstrafen tat in früheren zeiten ein übriges.
Titel: Re: Brauchen wir kosmische Konsequenzen?
Beitrag von: Mc Claudia am April 19, 2011, 16:25:26
Hi,

also, Dagaz’ Erklärung gefällt mir sehr gut. Obwohl man nicht wirklich mehr nachweisen kann, inwieweit Jäger/innen- und Sammler/innen-Gesellschaften wirklich freundlicher zueinander waren? Man könnte heutzutage vielleicht die !Kung fragen oder die altsteinzeitlichen Reste auf Gewalt untersuchen.

In Kleingruppen kann man jedenfalls weniger Leute verletzen. ;)

Einerseits stimme ich Sigrun zu, dass ethisches Handeln etwas angeborenes ist. Ich glaube schon, dass wir soziale Gene in uns tragen. Andererseits stimme ich auch Anu zu, wonach natürlich die Sozialisation einen Gutteil dazu beiträgt. Ich denke mal, wenn man ein und dieselbe Person in einer freundlichen Umgebung großwerden lässt, wird aus ihr etwas anderes, als wenn sei vernachlässigt wird, Gewalt erfährt oder zur Gewalt erzogen wird.

Obwohl ich der Meinung bin, dass Menschen ethisches Verhalten mit der Muttermilch mitbekommen, glaube ich auch, dass das nicht bei allen Menschen gleich ist, und dass jede freundliche Gemeinschaft durch einen einzigen Fiesling auseinandergerissen werden kann. In kleinen Stammesgesellschaften hatte man es einfach: Der Fiesling wurde einfach ausgestoßen, und fertig. In unserer globalen Gesellschaft geht das nicht mehr.

Ich bin also auch Hobbes’ Meinung, dass der Mensch des Menschen Wolf ist bzw. würde ich eher sagen, sein kann. Und um die sozialen Menschen vor den „Wölfen“ zu schützen, gibts halt Gesetze und Konsequenzen bzw. Strafen, die in einer humanen Gesellschaft aber auch möglichst human sein soll(t)en.


Zitat von: "Mc Claudia"
WARUM HANDELN WIR ETHISCH?

Je nach Person verschieden. Zum Teil aus Eigennutz, zum Teil aus Mitgefühl, zum Teil aus Angst vor Strafe, zum Teil aus Überzeugung. Die Teile sind bei verschiedenen Menschen verschieden gewichtet.

Zitat von: "Mc Claudia"
Meine Frage ist jetzt: Hat ein Mensch wirklich ein tiefes ethisches Verständnis, wenn er Böses unterlässt, nur damit er nicht bestraft wird (egal ob hier oder drüben)?

Nein. Definitiv nicht. Etwas nur aus Angst vor Bestrafung nicht zu tun, ist m.E. die erbärmlichste Form der Motivation zum guten Handeln.

Zitat von: "Mc Claudia"
Welche Motivationen, ethisch zu handeln, gibt es, wenn es mit Sicherheit, kein Strafen geben würde, wenn also niemand, kein Gericht, kein Staat, kein Karmagesetz, kein Gott böse Taten bestrafen würde? Welchen Grund hätte man dann, ethisch zu handeln?

Ich würde sagen – im Normalfall schon, da der Eigennutz, sich in einer liebevollen Umgebung wohlzufühlen sicher eine gute Motivation ist. Aber es gibt einen Haufen Menschen, die das nicht so sehen oder empfinden, für die gilt das nicht.

Zitat von: "Mc Claudia"
Warum handelt Ihr ethisch?

Weil ich ein schönes Leben führen will und meine Mitmenschen gerne fröhlich um mich herum sehe, da ich der Meinung bin, dass Glücklichsein ein Gut ist, das ich offenbar mit den meisten Menschen teile, und ich selbst nicht glücklich bin, wenn andere um mich herum unglücklich sind. Eine Mischung aus Mitgefühl, utilitaristisch-epikureischer Logik und Eigennutz.

Zitat von: "Mc Claudia"
Glaubt Ihr an kosmische oder göttliche Gesetze, die für Ausgleich sorgen, wie Karma oder das Berühmte „Böse Zauber kommen dreifach zurück.“ oder ähnliches?

Überhaupt nicht. Meine Gottheiten sind zu menschlich und zu wenig allmächtig, als dass sie verlässlich das Universum in Gleichgewicht halten würden. Und an andere Gottheiten und spirituelle Mächte glaube ich nicht.

Zitat von: "Mc Claudia"
Glaubt Ihr an ewige oder zeitlich begrenzte Höllen im Jenseits?

Also aufgrund meines großen Gerechtigkeitssinnes würde ich mir für die ganz bösen Hitlers, Stalins, Tyrannen und andere Gewalttäter, die hier nie für ihre Taten von einem Gericht zur Verantwortung gezogen wurden, eine kleine, zeitlich begrenzte Hölle im Jenseits wünschen. Aber ich wäre auch im Jenseits eher für humaneren Strafvollzug ....

Zitat von: "Mc Claudia"
Was genau wird kosmisch geahndet, welche Taten? Auch Worte? Auch Gedanken? (Laut Buddhismus ist ja die Absicht das wichtigste, und auch in der Bibel findet man Gedankensünden – gibt es also so etwas wie die kosmische Gedankenpolizei?)

Wäre ich Iustitia im Jenseits würde ich Verbrechen gegen die Menschlichkeit ahnden. Gewalttäter, Kindesmissbraucher, Tyrannen. Solche Leute. Der Rest soll an der Tafel der Gottheiten speisen und die Anderswelt genießen.

Zitat von: "Mc Claudia"
Und die Gretchenfrage zum Schluss: Wie weiß man, ob eine Tat schlecht war? Woran macht man das fest?

An der goldenen Regel. Ungefähr. Am Empirismus, woran die meisten leiden und was den meisten Freude bereitet. Die Menschenrechte sind so ein Ergebnis dieses Denkens. Ungefähr daran würde ich „gut und böse“ ca. festmachen.

Immer unter der Bedingung, dass Ethik menschlich ist und nur durch Menschen definiert werden kann.

liebe Grüße

Mc Claudia
Titel: Re: Brauchen wir kosmische Konsequenzen?
Beitrag von: Crysalgira am April 19, 2011, 17:28:38
Hallo!

Ganz sicher haben "Aufzucht und Haltung" eines Menschen damit zu tun, wie er oder sie sich als Erwachsener verhalten - wer Liebe erfährt, wird fähig sein zu lieben, wer Strenge erfährt, wird entweder selbst streng oder ist gebrochen.

Zitat von: "Mc Claudia"
WARUM HANDELN WIR ETHISCH?
Ich für meinen Teil, weil ich erstens so erzogen wurde, es zweitens nach gründlicher Überlegung für positiv befunden habe, diesen Teil meiner Erziehung nicht zu kicken  :D  und drittens mein Glaube gewisse "Verhaltensrichtlinien" enthält, welche ich - nach ebensolcher Überlegung - absolut bejahe.

Zitat von: "Mc Claudia"
Meine Frage ist jetzt: Hat ein Mensch wirklich ein tiefes ethisches Verständnis, wenn er Böses unterlässt, nur damit er nicht bestraft wird (egal ob hier oder drüben)?
Nein. Angst vor Strafe führt nicht zu Verstehen. Verstehen ist m.E. unerlässlich, wenn man ethisch handeln möchte, sonst ist es ein reines Imitieren von Verhaltensweisen und das kann auch schon mal danebengehen....

Zitat von: "Mc Claudia"
Welche Motivationen, ethisch zu handeln, gibt es, wenn es mit Sicherheit, kein Strafen geben würde, wenn also niemand, kein Gericht, kein Staat, kein Karmagesetz, kein Gott böse Taten bestrafen würde? Welchen Grund hätte man dann, ethisch zu handeln?
Ich möchte diejenige, der ich in der Früh die Zähne putze, im Spiegel betrachten können, ohne mich zu grausen  :D
"Tut anderen nur das, was ihr wollt, dass sie euch tun!" lautet eines der Gebote meines Glaubens.

Zitat von: "Mc Claudia"
Warum handelt Ihr ethisch?
Weil ich mich erstens dann besser fühle und zweitens festgestellt habe, dass es ein schöneres Lebens für alle bringt, deren Lebensweg ich berühre.

Zitat von: "Mc Claudia"
Glaubt Ihr an kosmische oder göttliche Gesetze, die für Ausgleich sorgen, wie Karma oder das Berühmte „Böse Zauber kommen dreifach zurück.“ oder ähnliches?
Ja und nein. Ich glaube, dass das Universum selbst nach Ausgleich drängt - und "Karma" ist nur ein Wort. Mein gewohntes "Seelenweg" drückt vielleicht besser aus, was ich meine ...

Zitat von: "Mc Claudia"
Glaubt Ihr an ewige oder zeitlich begrenzte Höllen im Jenseits?
Nur an die, die ins uns selbst steckt - die Menschen sich selbst bereiten können - oder im schlimmsten Fall auch einander ...

Wenn ich einmal diesen sterblichen Körper wieder abgebe und vor mir selbst stehe, werde ich mich verwantworten für das, was ich gesagt, gedacht oder getan habe - ich selbst werde mein Richter sein bzw. mein Höheres Selbst. Nach meiner Vorstellung hat jeder Mensch so etwas, also muss sich auch jeder irgendwann verantworten - ein Rätsel bleibt dennoch: wie konnten Menschen wie die erwähnten vergessen, wer sie eigentlich sind?!?!

Zitat von: "Mc Claudia"
Und die Gretchenfrage zum Schluss: Wie weiß man, ob eine Tat schlecht war? Woran macht man das fest?
An meinem persönlichen Herzgefühl, Bauch gefühl, Seelengefühl - an der Reaktion meiner Umgebung auf mein Tun ebenso.

Crysalgira
Titel: Re: Brauchen wir kosmische Konsequenzen?
Beitrag von: Ritter vom Schach am April 20, 2011, 07:49:57
Guten Morgen!

Hier mal meine Ansichten zur Ethik:

Zitat von: "Mc Claudia"
Ein Fakt ist jedenfalls: Ethik und Moral ist nur dann notwendig, wenn ein Mensch auf ein anderes fühlendes Lebewesen trifft. V.a., wenn zumindest zwei Menschen zusammenkommen. Ein Mensch, der alleine lebt ohne andere Menschen weit und breit braucht keine Ethik, weil er niemandem schaden oder nützen kann.

Naja, das kann man nicht von der Hand weisen, aufgrund der fehlenden Interaktion mit anderen Menschen. Aber es gibt ja auch noch die Natur und ich behaupte mal, man kann auch das Handeln des Einsiedlers mit ethischen Maßstäben bewerten.

Zitat von: "Mc Claudia"
Meine Frage ist jetzt: Hat ein Mensch wirklich ein tiefes ethisches Verständnis, wenn er Böses unterlässt, nur damit er nicht bestraft wird (egal ob hier oder drüben)?

Zitat von: "Crysalgira"
Hallo! Nein. Angst vor Strafe führt nicht zu Verstehen. Verstehen ist m.E. unerlässlich, wenn man ethisch handeln möchte, sonst ist es ein reines Imitieren von Verhaltensweisen und das kann auch schon mal danebengehen....

Dieser Meinung kann ich mir nur anschließen. Da ich den menschlichen Verstand primär als ein motivationsgetriebenes System begreife, meine ich, dass die resultierenden Handlungen auch stark dadurch beinflusst werden, welche konktrete Motivation sie ausgelöst hat.

Zitat von: "Crysalgira"
Ich möchte diejenige, der ich in der Früh die Zähne putze, im Spiegel betrachten können, ohne mich zu grausen  :D
"Tut anderen nur das, was ihr wollt, dass sie euch tun!" lautet eines der Gebote meines Glaubens.

Man kann sich auch überlegen, was das menschliche Zusammenleben auf engesten Raum positiv oder negativ beeinflusst, oder wie die Gesellschaft am reibungslosesten funktionieren kann und dadurch ethisch handeln. Im Endeffekt gilt für mich eine Kombination aus Spiegelbetrachtung und Nachdenken.

Zitat von: "Mc Claudia"
Warum handelt Ihr ethisch?

Weil es schön ist, wenn es vielen Menschen gut geht. Und weil ich eitel bin.

Zitat von: "Mc Claudia"
Glaubt Ihr an kosmische oder göttliche Gesetze, die für Ausgleich sorgen, wie Karma oder das Berühmte „Böse Zauber kommen dreifach zurück.“ oder ähnliches?

Ich denke, manche Gesetze haben wir noch nicht entdeckt und daher erscheinen sie uns vielleicht "kosmisch". Aber ich glaube nicht daran, dass es eine derart einfache Antworten und Regeln gibt.

Zitat von: "Mc Claudia"
Glaubt Ihr an ewige oder zeitlich begrenzte Höllen im Jenseits?

Mir Gefällt die Idee des sehr geehrten Herrn Pratchetts, nach der jeder jenes Leben nach dem Tod bekommt, an das er glaubt. Persönlich versuche ich mich damit abzufinden, dass ich es nicht weiß und dass Raten mich nicht weiterbringt.

Zitat von: "Mc Claudia"
Und die Gretchenfrage zum Schluss: Wie weiß man, ob eine Tat schlecht war? Woran macht man das fest?

Absolut kann man das gar nicht, man muss mit den Konsequenzen umgehen; die Bewertung ist immer etwas subjektives.

Liebe Grüße,
Alexander
Titel: Re: Brauchen wir kosmische Konsequenzen?
Beitrag von: Nachtfalke am April 20, 2011, 09:49:27
Zitat von: "Mc Claudia"
Meine Frage ist jetzt: Hat ein Mensch wirklich ein tiefes ethisches Verständnis, wenn er Böses unterlässt, nur damit er nicht bestraft wird (egal ob hier oder drüben)?
Kann durchaus vorkommen :)

Zitat
Welche Motivationen, ethisch zu handeln, gibt es, wenn es mit Sicherheit, kein Strafen geben würde, wenn also niemand, kein Gericht, kein Staat, kein Karmagesetz, kein Gott böse Taten bestrafen würde? Welchen Grund hätte man dann, ethisch zu handeln?
Weil es mir selber weh tut andere zu verletzen. Im Prinzip... "was du nicht willst was man dir tut, das füg auch keinen anderen zu" - wobei ich nicht davon ausgehe, dass all meine Handlungen auf mich zurückfallen. Aber ich empfind einfach keine Freude dabei ein Tier zu quälen oder ein Kind zu schlagen. Oder ich habe keine Intention dazu. Insofern wäre es vielleicht weniger ethisches Handeln, als mehr ein reines Gewissen haben zu wollen und Gutmütigkeit.

Zitat
Warum handelt Ihr ethisch?
Weil es mir keinen persönlichen Vorteil schafft, der mich in irgendeiner Form befriedigt, unethisch zu handeln.

Zitat
Glaubt Ihr an kosmische oder göttliche Gesetze, die für Ausgleich sorgen, wie Karma oder das Berühmte „Böse Zauber kommen dreifach zurück.“ oder ähnliches?
In gewisser Weise ja. Wenn ich als Chef meine Mitarbeiter immer wie Dreck behandel und so weiter, dann werd ich früher oder später die Rechnung dafür präsentiert bekommen. Wenn ich immer freundlich zu meinen Nachbarn war u. ihnen geholfen hab usw. und mein Haus abbrennt, ist es recht natürlich, wenn sie mir anbieten würden bei ihnen wohnen zu dürfen bis ich weiter weiß.

Zitat
Glaubt Ihr an ewige oder zeitlich begrenzte Höllen im Jenseits?
Nein. Eher an Erkenntnis - was schlimmer als die Hölle sein kann :D

Zitat
Und die Gretchenfrage zum Schluss: Wie weiß man, ob eine Tat schlecht war? Woran macht man das fest?
Wie fühlst du dich nach einer "Tat"? ;)
Titel: Re: Brauchen wir kosmische Konsequenzen?
Beitrag von: Giles am April 20, 2011, 09:53:20
Zitat von: "Mc Claudia"
Ein Fakt ist jedenfalls: Ethik und Moral ist nur dann notwendig, wenn ein Mensch auf ein anderes fühlendes Lebewesen trifft. V.a., wenn zumindest zwei Menschen zusammenkommen. Ein Mensch, der alleine lebt ohne andere Menschen weit und breit braucht keine Ethik, weil er niemandem schaden oder nützen kann.

ethik begreife ich umfassend. ich brauche keinen menschen dazu, denn zb auch gegenüber einem tier oder einem bach oder einem baum oder einem berg kann man unethisch handeln.

Zitat von: "Mc Claudia"
Meine Frage ist jetzt: Hat ein Mensch wirklich ein tiefes ethisches Verständnis, wenn er Böses unterlässt, nur damit er nicht bestraft wird (egal ob hier oder drüben)?

nein. der versteht gar nix, sondern hampelt nach, was andere ethisch finden, und kann sich damit ganz flugs ungewollt im unethischen eck finden. ethik ist (auch) selbst-verantwortung.

Zitat von: "Mc Claudia"
Warum handelt Ihr ethisch?

gute frage. also erstens handle ich nicht ethisch, sondern bemühe mich nur darum. warum das bemühen? in allerletzter konsequenz, weil ich mir davon sinnvollere, zweckmäßigere ergebnisse erwarte.

Zitat von: "Mc Claudia"
Glaubt Ihr an kosmische oder göttliche Gesetze, die für Ausgleich sorgen, wie Karma oder das Berühmte „Böse Zauber kommen dreifach zurück.“ oder ähnliches?

ich glaube, dass handlungen konsequenzen haben. das kann man dann karma nennen. der threefold return wird übrigens unter WIcca oft so erklärt, dass man den return in körper, geist und seele erlebt. derowegen 3fold.

Zitat von: "Mc Claudia"
Glaubt Ihr an ewige oder zeitlich begrenzte Höllen im Jenseits?

für jemand, der ganz fest daran glaubt: ja

Zitat von: "Mc Claudia"
Und die Gretchenfrage zum Schluss: Wie weiß man, ob eine Tat schlecht war? Woran macht man das fest?

das fühlt man. die innere stimme von Platon/Sokrates kann jeder erleben. die ohren öffnen gehört halt auch dazu.

im übrigen schließe ich mich dem von Sigrun gesagten vollständig an, die antworten mag ich sehr. noch begeisterter bin ich von Dagaz´wandelndem baum
Zitat von: "dagaz"
 wer nicht zu den ca. hundert leuten gehört, die wir persönlich kennen, ist ein wandelnder baum, dessen früchte (z.b. brieftasche, handy) wir laut unserem "gewissen" (= von der evolution eingepflanztem sozialverhalten) jederzeit pflücken dürften, ...

made my day  :)
Titel: Re: Brauchen wir kosmische Konsequenzen?
Beitrag von: sigrun am April 20, 2011, 15:52:38
Zitat von: "dagaz"
Zitat von: "sigrun"
Also ist wohl eher die Frage zu stellen: WARUM HANDELN WIR UNETHISCH?
ich würde mal sagen: weil wir seit beginn der jungsteinzeit nicht mehr artgerecht leben. wir sind im wesentlichen affen, also kleingruppenwesen, leben aber großteils in populationen, die eher für ameisen funktionieren.
Da sieht man wieder mal was der Mensch davon hat, dass er sich selbst domestiziert und freiwillig in Massenhaltung lebt.
Da könnte man doch fast soweit gehen und behaupten: Der Mensch hat das Böse selbst erschaffen als er sich von der Natur abgewendet / losgesagt hat (oder vielleicht besser ausgedrück: versucht hat sich über die Natur zu erheben).
Titel: Re: Brauchen wir kosmische Konsequenzen?
Beitrag von: Ritter vom Schach am April 20, 2011, 17:15:47
Zitat von: "sigrun"
Da sieht man wieder mal was der Mensch davon hat, dass er sich selbst domestiziert und freiwillig in Massenhaltung lebt.
Da könnte man doch fast soweit gehen und behaupten: Der Mensch hat das Böse selbst erschaffen als er sich von der Natur abgewendet / losgesagt hat (oder vielleicht besser ausgedrück: versucht hat sich über die Natur zu erheben).

Ich kann deinem Gedanken gerade nicht folgen, was hat unethisches Handeln in diesem Kontext mit dem Bösen zu tun?

Liebe Grüße,
Alexander
Titel: Re: Brauchen wir kosmische Konsequenzen?
Beitrag von: sigrun am April 20, 2011, 17:40:15
Zitat von: "SiRacor"
Ich kann deinem Gedanken gerade nicht folgen, was hat unethisches Handeln in diesem Kontext mit dem Bösen zu tun?

Gibt es irgendetwas böses das nicht gleichzeitig auch unethisch ist?
Titel: Re: Brauchen wir kosmische Konsequenzen?
Beitrag von: Ritter vom Schach am April 20, 2011, 17:51:52
Ich denke, dass ethisches Handeln eher objektiv als solches zu bewerten ist, als böses Handeln, da die Einteilung in Gut und Böse eine sehr subjektive Angelegenheit darstellt. So habe ich das immer verstanden.

Liebe Grüße,
Alexander
Titel: Re: Brauchen wir kosmische Konsequenzen?
Beitrag von: AnufaEllhorn am April 21, 2011, 12:33:46
Well met, alle zusammen ;)

Da kommt imho wieder der Unterschied zwischen Ethik und Moral ins Spiel...

Es ist - als humanistisches Übereinkommen - unethisch einen Menschen zu töten (zumindest in unserem Kulturkreis, weil es z. B. zu Zeiten der Menschenopfer durchaus ethisch vertretbar gewesen sein dürfte, jemandem den Kopf abzuschlagen...) wohingegen es auch heute noch in vielen Kulturen als absolut moralisch vertretbar gilt, einen Mörder hinzurichten.
Titel: Re: Brauchen wir kosmische Konsequenzen?
Beitrag von: Mc Claudia am April 21, 2011, 15:38:03
Ethik muss immer neu verhandelt werden, weil sie vom Menschen kommt.

Die Menschenrechte als letzte Version eines solchen Übereinkommens ist m.E. deshalb ein guter Anhaltspunkt, weil da Menschen aus allen möglichen Kulturkreisen beteiligt waren.

Und eben, WEIL es nicht um göttliches oder mythisches Recht geht, sondern ausschließlich aus menschlicher Sichtweise entstand, ist es brauchbar.

Aus rein menschlicher Sicht könnte ich vielleicht gerade noch eine Hinrichtung akzeptieren (Unschädlichmachen eines Gewalttäters - wobei Einsperren auch genügen würde), aber Menschenopfer, Folter, Frauenunterdrückung etc. kann ich aus rein menschlicher Sicht nicht mehr gut begründen, jedenfalls nicht, solange der Artikel 1 gilt: Alle Menschen sind FREI und GLEICH an Würde und Rechten geboren ...

Und göttliches Recht kann nur innerhalb eines Glaubens bzw. einer Kultur einen Grund haben. Da wir aber heutzutage global sind (und da auch nimmer zurück können), brauchen wir eine Ethik, die andere Grundsätze als Kultur und Glauben hat.
Titel: Re: Brauchen wir kosmische Konsequenzen?
Beitrag von: dagaz am April 21, 2011, 17:08:02
Zitat von: "Mc Claudia"
Aus rein menschlicher Sicht könnte ich vielleicht gerade noch eine Hinrichtung akzeptieren (Unschädlichmachen eines Gewalttäters - wobei Einsperren auch genügen würde)

auch das wäre problematisch, weil es bei jedem - also auch bei einem henker - spuren hinterlässt, wenn man einen anderen tötet. nicht umsonst sind heute immer mehrere leute an einer hinrichtung beteiligt - einer hat immer eine platzpatrone oder einen blinden schalter, der die giftspritze nicht auslöst, den elektrischen stuhl nicht einschaltet etc. so kann sich jeder abputzen, im glauben, dass gerade er den delinquenten eh nicht umgebracht hat.
Titel: Re: Brauchen wir kosmische Konsequenzen?
Beitrag von: Mc Claudia am April 22, 2011, 18:40:43
Da hast Du natürlich vollkommen Recht.
Titel: Re: Brauchen wir kosmische Konsequenzen?
Beitrag von: cserni cserski am April 23, 2011, 13:53:09
Ich handle so, dass mein Tun mir möglichst viel Nutzen bringt und mir wenig Schaden bereitet. Da bis jetzt kein qualifizertes aussermenschliches Wesen Normen aufgestellt hat, was gut, böse, nützlich, schädlich, ethisch, unethisch etc. ist, halte ich mich lieber an die Rahmen des lokalen Strafgesetzbuches. Statistisch gesehen sind die Mehrheit und ihre Cops nämlich stärker.  

Gruss
CC
F
Titel: Re: Brauchen wir kosmische Konsequenzen?
Beitrag von: Mc Claudia am April 23, 2011, 18:12:56
:lach:  :lach:  :lach:  :lach:  :rofl:  :rofl:  :rofl:  :rofl:  - tjo, das nenn ich Pragmatismus!  :D
Titel: Re: Brauchen wir kosmische Konsequenzen?
Beitrag von: Mc Claudia am April 26, 2011, 11:11:03
Hi,

hab grad überlegt.

Es gibt m.E. zwei Arten von Ursachen und Konsequenzen:

natürliche und menschliche

Unter natürlich würde ich physikalische, genetische, chemische, biologische u.ä. sehen.

Wenn ein Baby missgebildet auf die Welt kommt, würde ich das der Genetik bzw. Biologie in die Schuhe schieben. Und in gewissen Fällen auch dem Menschen (Vergiftung durch Medikamente (z.B. Contergan), Umweltgifte oder atomare Verseuchung o.ä.). Keinesfalls fiele es mir ein, ein etwaiges Vorleben der Seele des missgebildeten Babys für dessen Missbildung verantwortlich zu machen. Mit so einem Gedanken kann ich einfach nicht.

Ein Erdbeben wäre dann eine natürliche Ursache (Plattenverschiebung) und natürliche Konsequenzen - Erdbeben. (Sollten Menschen betroffen sein, gibts natürlich auch menschliche Konsequenzen, Tote, Verletzte, kaputte Häuser, Trauer, Leid und nachfolgende Konsequenzen, vielleicht die Erfindung noch besserer Seismographen, o.ä.)

Wenn Menschen den Thunfisch ausrotten, haben wir eine menschliche Ursache mit biologischen Konsequenzen (keinen Thunfisch mehr und wahrscheinlich dadurch Störung der Meeresfauna). Die Konsequenzen für den Menschen blieben abzuwarten.

Wenn ein Mensch jemanden umbringt (menschliche Ursache), wird er vielleicht verhaftet und verurteilt (menschliche Konsequenz).

Kosmische Ursachen und Konsequenzen wären z.B. ein Gebet, Opfer oder Ritual (Ursache) für Regen und die Konsequenz tatsächlich Regen. Allerdings ist dieses Zusammenfallen rein subjektiv und nur für den Gläubigen gültig. Ein Atheist würde einfach sagen, es ist Zufall. Es hätte auch ohne Ritual regnen können.

Oder auch: Gebet, Opfer oder Ritual für Gesundheit – Konsequenz: Genesung. Das könnte man aber auch mit Psychologie erklären, also menschlich.

Tatsächlich, ganz nüchtern betrachtet, braucht man kein kosmisches Gesetz, um Ursachen und Wirkungen zu erklären. Man hat dann aber auch keine befriedigenden Antworten für missgebildete Kinder oder ähnliches. Das ist dann eben Pech, Zufall, denn die Natur hat keinen Gerechtigkeitssinn.

liebe Grüße

Mc Claudia
Titel: Re: Brauchen wir kosmische Konsequenzen?
Beitrag von: barbara am April 26, 2011, 21:03:37
Zitat von: "Mc Claudia"
Keinesfalls fiele es mir ein, ein etwaiges Vorleben der Seele des missgebildeten Babys für dessen Missbildung verantwortlich zu machen. Mit so einem Gedanken kann ich einfach nicht.

Ich kann mir ohne weiteres vorstellen, dass eine Seele sich entschliesst, aus für sie guten Gründen in einen von Contergan geschädigten Körper zu inkarnieren.

Möglicherweise wäre Thomas Quasthoff nie auf die Idee gekommen, Sänger zu werden, wenn er normalen Gebrauch von seinen Händen hätte machen können.
http://www.thomas-quasthoff.com/ (http://www.thomas-quasthoff.com/)
Wer weiss das schon...?

und das Leben in einem Körper als Mensch ist eh schon eine gewaltige Einschränkung für eine Seele - da werden sich einige sagen, auf ein Handicap mehr oder weniger kommt es auch nicht mehr an...

Zitat
Tatsächlich, ganz nüchtern betrachtet, braucht man kein kosmisches Gesetz, um Ursachen und Wirkungen zu erklären.

in meinem Verständnis IST die Aussage "jede Wirkug hat Ursachen" das kosmische Gesetz... mit den entsprechenden Anwendungen in der Natur, in der menschlichen Psychologie etc, die ja alle Teil des Kosmos sind.


Zitat
Man hat dann aber auch keine befriedigenden Antworten für missgebildete Kinder oder ähnliches. Das ist dann eben Pech, Zufall, denn die Natur hat keinen Gerechtigkeitssinn.

Immerhin hat ihn die Physik: "actio = reactio" besagt, dass alles Ausüben von Kraft eine genaue Gegenkraft in die andere Richtung zur Folge hat. Die Summe aller Kräfte ist immer Null. Und das ist ein kosmisches Gesetz - ein im Kosmos wirkendes Gesetz.  :)

grüsse, barbara
Titel: Re: Brauchen wir kosmische Konsequenzen?
Beitrag von: Mc Claudia am April 26, 2011, 22:12:11
Hi Barbara,

Ich glaube nicht daran, dass sich Seelen, sollten sie vor der Geburt denn existieren, irgendwas aussuchen. Wenn wir schon im Glaubensbereich sind, dann glaube ich eher daran, dass sich z.B. fünf Seelen um fünf mögliche Körper prügeln oder würfeln oder Lose ziehen oder sowas. Oder dass vielleicht eine Seele die Wahl zwischen Pest und Cholera hat. Sowas von mir aus.

All das wäre aber nur möglich, wenn man die Zukunft voraussehen könnte. Also nehmen wir an, die Seelen wissen gar nicht, wie sich der Zellhaufen, in den sie inkarnieren wollen, sich entwickelt und wo er sein wird. Dann ist es wirklich Zufall. So zufällig, wie wenn ich aus nem Stapel Tarotkarten eine ziehe. Isses Schwert 10, hab ich halt Pech gehabt.

Ein "was wäre wenn, wenn das nicht so gewesen wäre" ist m.E. auch irrelevant, dann wäre es halt anders gewesen, und der Mensch hätte halt andere Eigenschaften und Fähigkeiten entwickelt.

Und - auch wenn die Seelen so masochistisch sein sollten, sich mit grober Absicht einen fast unbrauchbaren Körper auszusuchen oder sich den miesesten Winkel auf der Erde zu wählen, dann ist das aber nicht die Entscheidung des bewusstwerdenden Menschen. Meistens jedoch nicht. Wäre es so, würden die meisten Europäer und Amis sich darum prügeln, in ein 3.-Welt-Land emigrieren zu können. Oder es würden sich die meisten Gesunden selbst solange verletzen, bis sie eine Behinderung haben.

Da das aber nicht der Fall ist (Ausnahmen mögen die Regel bestätigen), gehe ich davon aus, dass die meisten Menschen an einem Leben in halbwegs gesicherter Zufriedenheit (die auch ein gewisses Maß an Sicherheit, Wohlstand und sozialem Wohlbefinden mit einschließt) und Gesundheit bevorzugen, wenn sie die Wahl haben.

Wenn sich die Seelen also absichtlich anders entscheiden, haben sie mit dem Bewusstsein des Menschen eher nix zu tun, bzw. mangelt es krass an Kommunikation zwischen Seele und Bewusstsein.

liebe Grüße

Mc Claudia
Titel: Re: Brauchen wir kosmische Konsequenzen?
Beitrag von: barbara am April 26, 2011, 22:31:57
Hallo McClaudia

da gehen wir von sehr verschiedenen Dingen aus.

Ich gehe davon aus, dass eine Seele ihr zukünftiges Elternhaus kennt, dessen soziale Position, auch dessen interne Themen, mögliche Erbkrankheiten, auch sozial Vererbtes, Gewohnheiten, mentale und emotionale Muster... eine Seele weiss, worauf sie sich einlässt. dazu muss auch gar nicht die Zukunft gesehen werden, eine Analyse der Gegenwart reicht dazu schon aus, dann kann extrapoliert werden.

Zitat
Und - auch wenn die Seelen so masochistisch sein sollten, sich mit grober Absicht einen fast unbrauchbaren Körper auszusuchen oder sich den miesesten Winkel auf der Erde zu wählen, dann ist das aber nicht die Entscheidung des bewusstwerdenden Menschen.

warum "grobe" Absicht? Ich gehe davon aus, dass es immer einen Sinn hat, dass sich am Ende des Lebens - oder mit Glück schon früher - ein "wozu war es gut" abzeichnet. Wer vorhat zu lernen, wie Reichtumg manifestiert werden kann, und das im ärmsten Winkel der Erde schafft, der wird es überall sonst auch schaffen können. Wer sich Wohlbefinden manifestieren kann trotz chronischer Schmerzen, oder Vertrauen trotz missbrauchender Eltern - der hat wirklich etwas Grossartiges erreicht. Ich ehre jede Seele, die sich in eine so schwierige Situation begibt.

Zitat
Wäre es so, würden die meisten Europäer und Amis sich darum prügeln, in ein 3.-Welt-Land emigrieren zu können. Oder es würden sich die meisten Gesunden selbst solange verletzen, bis sie eine Behinderung haben.

Das Erste ist so selten nicht, und das Zweite quasi Standard in unserer Gesellschaft. Systematische, wenn auch langsame Selbstverletzung ist etwas, was so gut wie alle tun.

Zitat
Da das aber nicht der Fall ist (Ausnahmen mögen die Regel bestätigen), gehe ich davon aus, dass die meisten Menschen an einem Leben in halbwegs gesicherter Zufriedenheit (die auch ein gewisses Maß an Sicherheit, Wohlstand und sozialem Wohlbefinden mit einschließt) und Gesundheit bevorzugen, wenn sie die Wahl haben.

Das sind Entscheidungen, die das Ego - also die irdische Persönlichkeit - natürlich so trifft. Seele hat aber andere Prioritäten und schert sich herzlich wenig um das Wohlbefinden des Körpers. Der ist für sie ja nicht mehr als ein Mantel, in den sie reinschlüpft und nach dem Tragen wieder ablegt. Du als Mensch, wie sehr interessierst du dich denn für das Wohlbefinden deines Mantels? relativ wenig, würde ich meinen.

Zitat
bzw. mangelt es krass an Kommunikation zwischen Seele und Bewusstsein.

das ist der Normalfall, in der Tat. Das ist es auch, was Leid erzeugt.

grüsse, barbara
Titel: Re: Brauchen wir kosmische Konsequenzen?
Beitrag von: dagaz am April 27, 2011, 11:38:55
Zitat von: "barbara"
Ich kann mir ohne weiteres vorstellen, dass eine Seele sich entschliesst, aus für sie guten Gründen in einen von Contergan geschädigten Körper zu inkarnieren.

das erinnert mich an josef haders gschichtl von den eso-touristen, die in irgendein hungergebiet fahren und sich vor lachen kringeln: "schauts, die trotteln ham sich das ausgsucht!"  :kotz:
Titel: Re: Brauchen wir kosmische Konsequenzen?
Beitrag von: Mc Claudia am April 27, 2011, 12:51:57
Schließe mich dem an.

Sollte die Seele/die kosmische Überseele/das Universum/Gott/die Gottheiten ehrlich so eine perverse Vorstellung von Gerechtigkeit haben, dann will ich lieber Atheist/in sein.  :goofy:

Aber meine Gottheiten sind eher menschlich, nicht so mächtig. Und meine Seele sehe ich irgendwo als "höheres Selbst" an, das keine grausamere Form der Gerechtigkeit kennen mag als ich (mein Bewusstsein), da ich der Meinung bin, dass mittels Vernunft ein Sinn für Gerechtigkeit gefunden werden kann, der sich mit dem höheren Selbst deckt. Oder anders gesagt: in meinem Weltbild gibt es keine göttliche Gerechtigkeit oder unergründliche Wege der Gottheit, die vom Menschen nicht durchblickt werden können, weil sie sowas von anders und abartig sind, als das, was man sich als Mensch unter Gerechtigkeit vorstellen kann.
Titel: Re: Brauchen wir kosmische Konsequenzen?
Beitrag von: Crysalgira am April 27, 2011, 14:01:27
Manche Seelen wissen vor ihrer Neugeburt genau, was sie tun, nehmen Leid und/oder harte Konsequenzen auf sich, weil sie etwas Bestimmtes wollen oder glauben tun zu müssen oder wie auch immer eine Seele in diesem Zustand denkt (ich kann mich nicht mehr so genau erinnern, das letzte Mal ist schon mehr als 50 Jahre her  :goofy: ) ...

Die meisten treffen entweder keine Wahl, das heißt, sie landen rein zufällig dort, wo sie landen  :) , oder sie überblicken die Konsequenzen nicht oder es ist ihnen in diesem Zustand egal ...

glaube ich halt mal

woran ich nicht glaube, sind "göttliche Aufträge", die eine Seele ohne deren Einwilligung zu irgendetwas Unerträglichem verdonnern ... mit ihrer Einwilligung vielleicht schon ... der einzige, der mir da einfällt, der das behauptet hat und dem ich ein wenig Glauben zu schenken gewillt bin, ist Jesus - und dessen Vater möchte ich noch nicht mal geschenkt  :rolleyes:
aber der hat ja auch gesagt, dass es seine freie Entscheidung war, den Plan zur Erlösung der Menschen durchzuziehen ....
Titel: Re: Brauchen wir kosmische Konsequenzen?
Beitrag von: Mc Claudia am April 27, 2011, 14:12:59
Nachdem ich mich nicht erinnern kann, wie es im Mutterleib aussah, geschweige denn, was eine etwaige Seele sich für mein hiesiges Leben ausgedacht hat oder auch nicht, kann ich darüber kein Urteil abgeben.

Ich bleib lieber bei Zufall. Das ist irgendwie am ... keine Ahnung, für mich am sinnvollsten.  :weißnicht:
Titel: Re: Brauchen wir kosmische Konsequenzen?
Beitrag von: barbara am April 27, 2011, 20:49:15
Zitat von: "dagaz"
das erinnert mich an josef haders gschichtl von den eso-touristen, die in irgendein hungergebiet fahren und sich vor lachen kringeln: "schauts, die trotteln ham sich das ausgsucht!"  

und die trottelin, die sowas sagt, hat sich ihre Dummheit und Vulgarität auch selbst ausgesucht, aus welchem Grund auch immer.

schönes Beispiel für "kosmische Konsequenzen, falsch verstanden"

grüsse, barbara