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Autor Thema: Orakel und Cold Reading  (Gelesen 11673 mal)

Mc Claudia

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Orakel und Cold Reading
« am: Februar 10, 2014, 16:06:18 »
Hi,

ich möchte mal einen skeptischen Thread zum Wahrsagen aufmachen.

Seit meinem 14. Lebensjahr lege ich Tarotkarten, habe bis vor etwa 14 Jahren auch noch Horoskope gedeutet und bin nach wie vor von Orakelsystemen, wie z.B. afrokaribische Muschelorakel, Runen, Ogam oder chinesischen Tempelorakel  
viewtopic.php?f=4&t=712
fasziniert. Letztere nicht zuletzt wegen ihrer Poesie in den Antwort-Gedichten und Kennings. Und die Tarotkarten faszinieren mich auch weiterhin, v.a. vom künstlerischen Aspekt und den hieraus ersichtlichen verschiedenen Zugängen zu den Karten.

Da ich aber in den letzten Jahren sehr skeptisch geworden bin, v.a. was magische oder mystische Phänomene betrifft, habe ich mich auch ein bisschen mit den psychologischen Erklärungen von Orakelaussagen beschäftigt, die man irgendwo unter den Begriffen „Cold Reading“ oder „Barnum Effekt“ wiederfindet.

http://blog.psiram.com/2014/02/cold-reading/

http://de.wikipedia.org/wiki/Cold_Reading

http://de.wikipedia.org/wiki/Barnum-Effekt

Diese Effekte sind aber nur dann vorhanden, wenn ein/e andere/r für jemanden ein Orakel oder ein Horoskop deutet. Legt man sich selbst die Karten oder lässt ohne Erklärung eines Dritten ein Kenning wirken, gibt es kein Cold Reading, weil ja keiner da ist, der es erklärt (außer man selbst).

Traditionelle Orakelsprüche haben auch meist die Angewohnheit, kryptisch zu sein. So ist der berühmteste Orakelspruch in unserer Kultur wohl der des Orakels zu Delphi an König Kroisos, der auf die Frage, ob er die Perser angreifen soll, die Antwort erhielt: „Wenn du den Halys überschreitest, wirst du ein großes Reich zerstören.“ – Kroisos glaubte, das große Reich wäre das der Perser. Letztlich zerstörte er mit dem Kriegszug aber sein eigenes Reich. – Orakel sind also oft zweideutig. Gut fürs Orakel – es hat letztlich immer Recht. Blöd für den, dem das Orakel gilt – die Deutung liegt letztlich bei ihm.

Weiters glaube ich auch nicht mehr wirklich, dass die Zukunft voraussagbar ist – höchstens sehr rudimentär. Jedenfalls nicht sicher genug, dass man sich hierfür auf Orakel verlassen könne. Zu viele Zufälle und Aktionen von verschiedensten Ereignissen verändern den Lauf des Geschehens von einem Augenblick zum nächsten. Abgesehen davon wäre ein fix vorhersagbares Schicksal irgendwo gegen meinen Freiheitsbegriff. Denn wenn das Schicksal in allem eh schon vorgegeben ist, wäre alles determiniert. Egal, wie wir uns entschieden, es wäre letztlich wurscht. Diese Vorstellung bereitet mir eher Unbehagen und stimmt aus Erfahrung auch nicht. Denn es macht mE. immer wieder einen Unterschied, ob man sich in der einen oder anderen Situation so, so oder ganz anders entscheidet.

Ein weiterer Grund, vor allem für wenig gefestigte Menschen, Orakel lieber zu meiden, liegt in der sich selbst erfüllenden Prophezeiung. Vor allem muss man als Deuterin vorsichtig mit schlechten Orakeln sein. Denn sie müssen ja nicht stimmen. Aber im Bewusstsein des Klienten bleibt auf jeden Fall das Schlechte hängen, und er wird jede schlechte Situation mit dem Orakel in Verbindung bringen und sich selbst damit schlecht beeinflussen. Ich versuche also, wenn ich für andere deute, immer einen guten Ausgang, eine Lösungsmöglichkeit mitzuliefern. Und ich bin selbst, wenn ich für andere lege, wahrscheinlich von unbewusstem Cold Reading genausowenig gefeit wie professionelle Wahrsager.

Ich benutze trotz meiner Skepsis gerne Orakel und lege sie auch immer wieder für andere. Zum einen regt es zum Denken an. Man macht sich Gedanken über eine Fragestellung oder eine anstehende Entscheidung. Und, egal wie das Orakel lautet, wird man durch das Orakel angetrieben, eine halbwegs sinnvolle Entscheidung zu treffen. Das Orakel nutze ich also gerne als Motivation für oder gegen eine bestimmte Entscheidung, wenn die Vernunft nicht mehr weiter weiß, wenn man an einem toten Punkt angelangt ist.

Weiters kann es auch als Meditationshilfe dienen für die genaue Betrachtung einer Fragestellung oder eines Problems. Ein Orakel als Bild oder Spruch, das einem für eine gewisse Zeit Lebenshilfe sein kann.

Und letztlich mein religiöser Grund – klingt jetzt groß – um den Götterwillen zu erfahren. Wer nicht dauernd luzide träumt und auch nicht auf ewiggültige heilige Schriften zurückgreifen kann, für den ist ein Orakel auch Mittel, um den göttlichen Willen zu erforschen zu einer bestimmten Problematik. Und weil es ja im Polytheismus viele Gottheiten gibt, können diese göttlichen Willen durchaus verschieden ausfallen. Ich persönlich tu allerdings nicht immer, was meine Gottheiten wollen, denn ich hab noch immer einen eigenen Kopf. Ist aber interessant, auf diese Weise mit Ihnen zu kommunizieren. *g*

Was ich kaum mehr tue – oder höchstens aus Spaß und weil ich zu viel Geld hätte – ist, zu einem kostenpflichtigen Wahrsager oder einer Kartenlegerin zu gehen, die mir wahrsagt. Ich bezweifle, dass, egal was für ein Renommee so jemand hat, dass diese Orakel „wahrer“ sind als die, die ich von Freunden gratis bekomme oder mir selbst lege.

Was sagt Ihr dazu? Welche Orakel nutzt Ihr? Warum (nicht)? Was sagt Ihr zum Cold Reading? Gibt es eine vorhersagbare Zukunft? Oder nur Teile der Zukunft, die sicher sind?

Liebe Grüße

Mc Claudia
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Athunis

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Re: Orakel und Cold Reading
« Antwort #1 am: Februar 10, 2014, 16:41:27 »
So wie ich es gelernt habe dient ein Orakel immer als Werkzeug um mit den Göttern zu reden. Diese geben ihre Ansicht und Einsicht zu einem Thema wieder und was gegebenenfalls zu machen ist, wenn das Schicksal mal beschissen läuft.
Dabei geht es bei einer Sitzung weniger darum ob man dieses oder jenes in der Vergangenheit erlebt hat und ob man in der Zukunft drei oder achzig Kinder bekommt oder einen tollen Job mit viel Geld. Sondern die Menschen wollen Kinder und fragen warum es nicht klappt, oder sie wollen mehr Geld und fragen wie dies zu bewerkstelligen ist.
Dann kommen die Götter und sagen was zu tun wäre, welche Opfer man wem bringen soll und wie man das Leben besser gestaltet, welche Arbeiten zu erledigen sind. Die traditionellen Orakel sind gar nicht so zu verstehen wie wir das von unseren KartenlegerInnen und WahragerInnen hier kennen, sie sind mehr Gegenwartsbezogen und warnen vor einer unpassenden Zukunft und geben gleichzeitig Tipps wie diese zu ändern sei.
Unf genau da passieren auch die Dinge die du angesprochen hast: eine Venus sieht ein Liebesproblem anders als ein Mars oder ein Ahne usw... Daher ist es immer von Vorteil zu sehen wer denn da spricht und was die wollen, und warum.

Die Beispiele aus der Antike sind natürlich geschönigt, da wurden die wunderlichtsten Geschichten drumrum gesponnen, Pythia hat auch mit schwarze und weißen Bohnen gewahrsagt, die hat sie gezogen und je nach Bohne war es eine positive oder negative Antwort. Eigentlich ein klares Urteil, an dem man sich wahrscheinlich auch nicht streng gehalten hat.
Ich rede auch gern mit den Gottheiten, aber wie schon die Orakel, sind die manchmal auch recht lästig und wage, es sind Gottheiten, keine streng genormten Wesen, teils mit sehr seltsamen Ansichten und Lebensweisheiten. Erst mit der Zeit kann man eine gute Verbindung und Zusammenarbeit aufbauen, die auch langfristig klar ist. Meiner Erfahrung nach. Und, auch meine Erfahrung, sie sind sehr interessiert das Mensch sich nen eigenen Kopf macht und mit seinem eigenen Willen lebt, und nicht nach ihren. Geister/Gottheiten die die Menschen unterjochen und zu willenslosen Zombies machen, sind ne andre Kategorie.
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Mc Claudia

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Re: Orakel und Cold Reading
« Antwort #2 am: Februar 11, 2014, 00:16:00 »
Danke,

das mit dem Opfer hab ich ganz vergessen. Das ist ja bei den afrikanischen und afrokaribischen Orakelaussagen oft das Um und Auf, wem man etwas und was schenken sollte, damit man das Schicksal zu den eigenen Gunsten wendet.

Wenn ich mal Zeit hab, werd ich mich da in punkto kelt. Gottheiten näher befassen, welchen Orakelstab man für welches Opfer bzw. welche Gottheit nehmen könnte. Wird aber eine längere Forschung ....  :D

Bis dato hab ich mich immer auf mein Gefühl verlassen, wenn es um Opfergaben ging. Hat auch funktioniert.
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Athunis

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Re: Orakel und Cold Reading
« Antwort #3 am: Februar 11, 2014, 10:38:12 »
ist das nicht bei so ziemlich allen antiken religionen und praktiken das um und auf? wage ich jetzt mal so in den raum zu stellen. ich persönlich glaube, das einiges weggefallen ist nach der christianisierung und eine simplere form der verehrung über geblieben ist. aber die basics dass man einem gott/göttin, geist oder dämon opfert, was man ihm/ihr opfert, wie, wo und warum ist schon sehr lange präsent.
auch das ausorakeln des geopferten ist auch "europäisch" antik, ich denke an die eingeweideschau, an die anschließende vogelschau, dem beobachten des rauches, beobachten des opfertieres usw. um den willen des beopferten geistwesens zu erfahren. das sind elemente die in dieser oder einer modernisierten form in vielen religion übrig geblieben sind, in den meisten mit einem präfix "neo-" versehenen religionen und praktiken aber irgendwie wegrationalisiert worden sind... grob gesagt.
sonst stimmts, das opfer ist das um und auf um mit den gottheiten zu dealen und zu kommunizeren. wobei "opfer" ein sehr weitläufiger begriff ist, wo ganz viel geschehen kann und reinpasst. in unserem verständniss ist das opfer nicht unbedingt nur ein tier oder etwas, das sehr teuer und wertvoll ist um es dazubringen. es kann auch einfach ein schluck wasser sein.  :D
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Re: Orakel und Cold Reading
« Antwort #4 am: Februar 11, 2014, 15:39:45 »
Hei Athunis,

ich meinte nicht das Opfern an sich - das findet man als religiöse 0815-Basis in so ziemlich allen Kulturen mehr oder weniger wieder.

Ich meinte die Besonderheit, dass mittels Orakels herausgefunden wird, WAS man WEM opfern soll. Also, wenn der Klient mit einer Frage zum Fetischeur kommt, und der macht ein Orakel und sagt dem Klienten dann die Problematik, und mit welchen Handlungen und Opfergaben (an welche Gottheit) er sein Problem lösen (helfen) kann.

Das ist ja irgendwo die Norm in den westafrikanischen Orakelsessions, wenn ich das richtig verstanden habe?

Und das habe ich aus antiken Quellen über Griechenland und Rom so noch nicht gelesen. Wäre aber interessant, wenns da Quellen gäbe?
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Athunis

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Re: Orakel und Cold Reading
« Antwort #5 am: Februar 11, 2014, 21:37:31 »
nun ja auf Anhieb fallen mir z.b. die sibyllischen Bücher ein, die solche Ergebnisse hervorgebacht haben oder eben die Orakel nach dem Opfer um zu sehen ob alles Ok ist oder ob eine Gottheit unzufrieden ist. Oder das Orakle mit den Astragale die auch interessante Antworten hatten, zu wem man beten kann/soll.  Weiters kenn ich aus dem Mittelaltar/Neuzeit herum Orakel in dem man die Planetengötter oder Dämonen oder Engel oder sogar Heilige befragt hat, die danach beopfert wurden.  :gruebel:

so fürs Erste
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JamesVermont

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Re: Orakel und Cold Reading
« Antwort #6 am: Februar 14, 2014, 08:50:13 »
Aloha!

Zitat von: "Mc Claudia"
Was sagt Ihr dazu? Welche Orakel nutzt Ihr? Warum (nicht)? Was sagt Ihr zum Cold Reading? Gibt es eine vorhersagbare Zukunft? Oder nur Teile der Zukunft, die sicher sind?

Ich arbeite am liebsten mit einem germanischen Götterorakel. Da fußt die Bedeutung der Karten auf den Göttern und Legenden der Edda und der Nibelungen und da kann man (find ich) super Ableitungen machen. Rider Waite und der Herr Crowley waren für mich nie so wirklich "griffig". Ein "As der Stäbe" ist halt weniger konkret als "Thor" wenn's z.B. darum geht sich irgendwo durch boxen zu müssen.
Dann hab ich mir auch noch ein Wurforakel gebastelt, aber das ist in der Alpha-Test-Phase stecken geblieben  :gruebel: Sollt da auch mal weitertun ...

Der Wikipedia-Artikel über ColdReading liest sich echt übel. Dabei gehz beim Kartenlegen – gerade für fremde Leute – wirklich darum, „Kontakt“ zu der Person herzustellen. Jeder Arzt wird sich ein Bild von seinem Klienten machen und sie erst einmal einschätzen. Ich würd da nicht sofort eine betrügerische Absicht unterstellen. Orakeln ist ein Prozess der Intuition (meiner Auffassung nach) und wenn das FÜR jemanden gemacht wird, dann braucht man dazu auch ein wenig Empathie. Für mich wird’s da schon schwierig, wenn ich es mit Leuten zu tun hab, die absolut Abseits meiner Lebenssituation existieren oder Probleme bearbeitet werden sollen, die ich nicht nachvollziehen kann.

Beim Legen schaue ich mir zuerst immer die Ist-Situation an -> Wie geht es mir / dir mit dem Problem. Dann: Wo kams denn her. Meistens brauche ich gar nicht mehr in die Zukunft gehen, da mit den beiden Fragen das eigentliche Problem erkannt wurde. Das sagt mir auch, dass die meisten Leute, die zum Orakeln kommen eh schon wissen, wie der Hase läuft und oft nur Bestätigung suchen.
Es gibt mir als Legenden dann auch ein Gefühl dafür, ob ich die Zeichen richtig deute oder nicht. Wenn nicht, lass ich es dann auch bleiben. Es gibt halt Menschen, zu denen find ich keinen Zugang.
Wenn eine Entscheidung getroffen werden MUSS, versuche ich halt mit einem entsprechenden Legemuster, mir mindestens zwei Wege gleichzeitig anzuschauen und in den „Fäden“ zu gucken, welche der Wahrscheinlichste ist und warum. Das diskutiere ich auch mit den Klienten. Da kommt dann wieder das Phänomen von vorhin zu tragen. Und noch was bestätigt sich oft: Mit jeder Erkenntnis verändert sich die Zukunft. Wobei ich mit Zukunft „Wahrscheinlichkeiten“ meine.

Wenn ich lege, arbeite ich nicht mit einer bestimmten Gottheit. Ich nehme Kontakt auf mit der Person für die ich legen soll und mit dem „Schicksalsgeflecht“ und da stocher ich dann drin halt rum. So: Pauschale Vorhersagen mit Kindern und Jobs mach ich nicht. Von beruflichen und gesundheitlichen Fragen lasse ich auch eher die Finger, weil mir dazu die metaphysischen Vokabeln fehlen. Dafür klappts mit den stärken und schwächen der Person, sowie mit Beziehungsdingen umso besser.
Für mich selber mach ich schamanische Reisen. Wenn ich emotional komplett verheddert bin, greif ich zu den Karten. Das hilft mir zwar nicht, aber ich bekomme vor plastisch vor Augen geführt, was in mir abgeht und es beruhigt mich.
Genug des Nähkästchens.

Grüße aus dem „Netz“;
JamesVermont
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wanna see me?
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Mc Claudia

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Re: Orakel und Cold Reading
« Antwort #7 am: Februar 17, 2014, 17:01:59 »
Hi Jamesy,

auf Dein Wurforakel in ich neugierig! ;-)

Und klar – jede/r orakelt mit dem, womit er/sie am besten kann (eh logisch).

Wegen dem Cold-Reading:
Also ich denke, was Du beschreibst, wie Du ja auch selber sagst, ist Empathie. Und, wenn man jetzt jemandem wirklich helfen will oder aktiv zuhört, dann ist da sicher kein Betrug dahinter, auch wenn man unbewusst oder bewusst ein bisserl Cold-Reading praktiziert. Ich glaube auch, dass die Grenze zwischen Empathie und Cold Reading flüssig ist. Würde aber bei ernstgemeinter Hilfe eher den Begriff Empathie verwenden.

So wie es in Wikipedia steht, ist Cold Reading ja eher eine aktiv angewandte Technik, die man auch erlernen kann, und die nicht nur beim (professionellen – profit-orientierten) Wahrsagen sondern auch bei Verhören und Verkaufsgesprächen verwendet wird – um den Kunden oder den Angeklagten besser einwickeln zu können. Ein guter Verkäufer, eine gute Polizistin, ein guter – profitorientierter – Wahrsager werden also alle dieselbe Methode anwenden, um das berufsbedingte Gegenüber einzuwickeln.

Ich persönlich wende aktiv auch kein Cold Reading an. Ich gehe eher naiv-einfach an die Sache ran: Die und die Karte kommt bzw. der und der Spruch – fertig. Die Empathie kommt dann erst, wenn die Klientin noch was wissen will, wenn ich in ein persönliches Gespräch verwickelt werde. Aber auf die Idee zu gucken, ob jemand einen Ehering trägt, bin ich bis dato auch noch nicht gekommen, weil mich das beim Orakeln nicht interessiert – bin ja auch nicht professionell-profitorientiert. *g* Mich interessiert zum einen der Orakelspruch oder die gezogenen Karten – das deute ich nach meinem Schema (und da sag ich auch immer dazu, dass es weder stimmen muss noch meine Deutung zutreffen muss).

Und in weiterer Folge, wenn die Klientin mir ein Problem erzählt und von mir Hilfe erwartet, interessiert mich, ob ich ihr mit Zuhören und vielleicht ein paar Tipps (wenn mir möglich) helfen kann. Beides ist oft unabhängig voneinander. Und oft passiert es mir, dass aufgeschlagene Karten nur ein Einstieg in eine Problemwelt darstellen, und im Laufe des Gesprächs sind die aufgeschlagenen Karten völlig unwichtig geworden, weil man mit reden / zuhören viel weiter kommt als mit Orakeln.

>Und noch was bestätigt sich oft: Mit jeder Erkenntnis verändert sich die Zukunft. Wobei ich mit Zukunft „Wahrscheinlichkeiten“ meine.<

Seh ich ähnlich. Deshalb glaub ich auch nicht wirklich dran, „die Zukunft“ vorhersagen zu können.
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Athunis

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Re: Orakel und Cold Reading
« Antwort #8 am: Februar 17, 2014, 23:25:27 »
Die Verwirrung entsteht eben, wenn man alles durcheinandermischt. Cold reading ist die Erklärung von Orakel und Wahrsagetechniken wenn ich sie aus der Sichtweise eines rein rationellen- naturwissenschaftlichen Definition betrachte, weil da gibt es klarerweise kein dritts Auge, Geister die mit einem reden, eine vorhersehbare Zukunft oder Wahrscheinlichkeit oder eine Kommunikation mit und zwischen den Welten. Daher braucht man eine Erklärung was nun die Wahrsagerin oder der Wahrsager da macht. Und die Erklärung kann ich nur auf einer Vernunftsebene machen- die orakelnde Person hört gut zu, kann gut beobachten, hat eine gute Einfühlungsgabe oder, im schlimmsten Fall, spioniert die ratsuchende Person aus und verkauft dies als eine Orakelerkenntnis.
Ich selbst habe noch nie bei irgendeiner Orakeltechnik auch nur eine Spur von psychologischen Zugängen gelernt. Das man auf das Aussehen guckt oder wo der Ehering steckt oder ob eine Person schwitzt wenn man was sagt, sie die Augen in eine gewisse Richtung bewegen oder das ich immer auf bestimmte cold-reading Floskel zurückgreife, die so allgemeingültig sind und auf jede Person passen. Jahrelang beschäftige ich mich mit Wurfkombinationen von Steinen, Muscheln, Münzen, der Blickrichtung von Karten oder den Visionen der Kerze oder einem Glas Wasser oder was weiß ich noch alles.
Und dann kommen welche daher und sagen, hey ihr seit Naturtalende und könnt aus dem ff ein cold- reading machen und die Menschen durchleuchten. Eh super, oder? :ugly:
Ersparen wir uns Verkaufsseminare.
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Re: Orakel und Cold Reading
« Antwort #9 am: Februar 18, 2014, 15:44:45 »
Hi Athunis,

Cold Reading ist eine Technik, die bestimmte Leute in bestimmten Berufen anwenden (müssen). Das hat NICHTS absolut NICHTS mit reiner Orakeldeutung zu tun. Steht auch nirgends. Und ich nehme mal auch an, dass diese Technik in der Wahrsagerei BEWUSST nur von Menschen genutzt wird, die zum einen ihren Standesdünkel als unfehlbares Orakel aufrecht erhalten müssen/wollen und / oder zum anderen damit viel Geld machen wollen. Denn wenn ich Leute mit "Wissen" beeindrucke, das ich angeblich von Kryon, einer Göttin oder dem Universum habe und in Wirklichkeit nur Allgemeinplätze gut platziere und eine gute Beobachtungsgabe habe, dann ist das definitiv Cold Reading - und Betrug.

Was Du oder Jamesy oder ich mach, hat damit kaum was zu tun. Zum einen sind wir nicht professionell, zum anderen auch nicht berühmt, um Unfehlbarkeitsdünkel beweisen zu müssen. Wir legen unsere Orakel und deuten sie. und wenn wir lieb sind, reden wir auch mit den Menschen, die so mal zu uns kommen, weil sie ein Orakel wollen. Ob wir unsere Orakel mit Göttern, Geistern, Zufall oder sonstwas begründen, kommt auf unseren (religiösen, spirituellen) Zugang, auf unsere Erklärungsmodelle an. Cold Reading als bewusst eingesetzte (betrügerische) Technik wird ja von Leuten, die ihre Orakel selbst ernst nehmen und Menschen in erster Linie helfen wollen, nicht angewandt.

Und ganz ehrlich - ich würde keinem echten Wahrsager (falschen sowieso nicht) ernsthaft raten, sich und sein Können einer wissenschaftlichen Untersuchung zu unterziehen. Ist bis jetzt jedenfalls noch niemandem nachweislich gelungen, GENAUE Vorhersagen in einem den Durchschnitt großartig übersteigendem Ausmaß zu tätigen. Ich glaube, was das betrifft, soll man Religion (Glauben, zu dem auch Orakel gehören) und Wissenschaft auseinanderhalten und das eine nicht mit dem anderen erklären zu versuchen. Götter kann man nicht beweisen, und Orakel haben einen Sinn für Menschen, die diesen Sinn brauchen. Ersteres sollten sich die Religiösen zu Herzen nehmen, letzteres die Skeptiker und Atheisten.

Ich glaub, der berühmteste und beste Cold Reader in der Literaturgeschichte ist wohl Sherlock Holmes. Ich hätte gern so eine Gabe, so ein Können. Ein fotografisches Gedächtnis, einen genauesten Blick für jede Einzelheit. Menschen, die Cold Reading gut können, haben in Bewerbungs- Verkaufs- Wahrsage- und Ermittlungsgesprächen jedenfalls die Nase vorn.

LieGrü

Mc Claudia
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Athunis

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Re: Orakel und Cold Reading
« Antwort #10 am: Februar 19, 2014, 21:00:19 »
hi

ich weiß eh was cold reading ist und das WIR was andres machen und das aussernander gehalten werden sollte.
Ich habe von der anderen Seite her gedeutet, denn die rationellen Grüppchen und strengen Naturwissenschaftler gehen zu Wahrsagern hin bzw deuten alle Orakelei als cold reading. Eigentlich ohne Ausnahme, wenn man es ganz im engeren Sinne sieht.  :weißnicht:
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Re: Orakel und Cold Reading
« Antwort #11 am: Februar 20, 2014, 10:51:27 »
Hei Athunis,

geht klar.

Aber bei orakeln, wo man nur guckt, was das Orakel sagt, wäre die naturwissenschaftliche Antwort: Zufall. *g*
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