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Autor Thema: Blut- und Wein-Opfer im Nemeton aus Corent  (Gelesen 12372 mal)

Mc Claudia

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Blut- und Wein-Opfer im Nemeton aus Corent
« am: April 14, 2016, 14:01:21 »
Slania,

Ich habe diesen Artikel über das Nemeton in Corent-Auvergne jetzt gelesen:

http://www.luern.fr/articles/matthieux_poux_allemand.pdf

Edel, ein Wahnsinn! Was man durch die ganzen Funde herausgefunden hat, bietet fürs keltische Neuheidentum durchaus interessante Ritualvorschläge.

Das Bild des rekonstruierten Nemetons im Artikel zeigt wunderbar, wie es vielleicht einmal ausgesehen hat. Und man erkennt, dass ein La Tène-zeitliches Nemeton dieser Art gar nicht sooo anders ausschaut wie ein römisches Provinzheiligtum mit ein paar gallorömischen Tempeln darin. Beides ist viereckig mit Palisadenzaun oder Mauer umgeben, und darin befinden sich verschiedene Arten von kleinen Bauten, Häuschen, Pfählen etc.

Weil ich dieses Nemeton so cool finde habe ich auch eine 3-D-Tripp-Rekonstruktion gefunden, die sich wirklich anbietet zum Angucken. Ist zwar auf Französisch, aber wenn man den Artikel gelesen hat, kennt man sich aus:

http://com.cg63.fr/com/Corent/


Hier die Dinge, die ich besonders interessant fand beim Lesen:

Der Eingang im Osten mit Münzen, Eintrittskarten und Totemtierschädeln:

Wie bei den meisten Nemeta und gallorömischen Heiligtümern ist der Eingang des Nemetons im Osten (was auch den von Raimund Karl untersuchten Wohnhäusern in Irland und Wales entspricht – dürfte also gesamtkeltisch äußerst oft üblich gewesen sein). Und beim Eingang befinden sich urviele Münzen, sogar welche aus Bronze (was ich interessant finde, da die meisten kelt. Münzen aus Silber, und einige aus Gold sind). Sehr viele Münzen gehören zum Stamm des Oppidums, und diese zeigen auf einer Seite einen Wolf bzw. Fuchs. Es dürfte sich hierbei um die Totemtiere des Stammes handeln, denn am Eingangstor fand man einige Schädel bestimmter Wildtiere, und zwar: Wolf, Fuchs, Hund, Uhu, Hase und Wildkatze. Neben Wolf und Fuchs, die auf den einheimischen Münzen waren, dürften die anderen Tierschädel möglicherweise die Totems der anderen Stämme darstellen, die auch das Nemeton nutzten. Genau diese Wildtier-Schädel fehlen jedenfalls in anderen Nemeta, weshalb sie als Stammestiere interpretiert werden können.

Neben den echten Münzen lagen auch sehr viele Spielmünzen aus Keramik (archäologischer Begriff dafür: Rundel). Diese Rundel können verschiedene Bedeutungen gehabt haben: Opfergaben ärmerer Leute, die keine Münzen hatten, Eintrittskarten für die Zeremonie im Nemeton, Nemeton-Geld, das durch Münzwechsel erhalten wurde, Nemeton-eigene Opfermünzen, oder aber auch Wahlzettel für den zukunftsträchtigen Stammesführer.

Der Eingang ist auch groß genug, dass man von außen hineinschauen kann. Die zwei wichtigen Opferplätze sind von außen zu sehen, sodass man offenbar auch von außen zugucken konnte. Großes Geheimnis war dieses Nemeton also offenbar nicht, sondern sichtbar für alle Leute. (Zumal es ja im Oppidum selbst stand und nicht irgendwo im Wald.)


Portikus mit Speiseabteilungen:

Die viereckige Palisadenaußengrenze hatte innen einen hölzernen Portikus. Die Holzsäulen symbolisierten die Grenze zwischen den einzelnen Speiseabteilungen. So ähnlich also wie Logen im Theater. Dort fand man verschiedenste Speisereste, die den Portikus als Speiselogen beweisen. Dort konnten also in den Logen Familien und Freunde sitzen und genüsslich essen und nebenbei der Zeremonie folgen, auf die sie ja einen guten Blick hatten.

Ähnliches war auch in Griechenland bei den Opferzeremonien üblich – also dass die Familien und Gruppen sich bei einem großen Ritual beim Tempel zusammensetzten und von dort teilweise der Zeremonie folgen konnten bzw. ihre Festspeisen zu sich nahmen. Die römische Steinmauer, die dann drübergebaut wurde, hatte ihre Innensäulen des Portikus genau an jenen Stellen wie die Holzsäulen zuvor.


Die Reste der Tieropfer:

Was ich noch genial fand: genauso wie es auch bei Römern, Griechen und anderen Tieropfer-Religionen üblich ist, fand man als Opfergabe vor allem Kiefer, Schädel, Füße – also Knochen von Körperteilen, die eher ungenießbar waren. Diese wurden geopfert. Die Knochen des genießbaren Fleisches wurden vor allem im Portikus gefunden, dort wo die Leute saßen und aßen. Auch das dort gegessene Fleisch stammte von vielen anderen Tieren (auch Schweine), während die Opfergaben nur von bestimmten Tieren stammten (Schafe, Ziegen, Rinder).

Interessant finde ich auch, dass die Knochengirlanden (Ziegenunterkiefer, die an den Pfählen des Tempel-Mittelteils hingen) mit Ähnlichem in Afrika und SO-Asien verglichen werden konnten. Traditionen finden also immer wieder mal ähnliche Ideen in weit entfernten Zeiten und Gebieten   :magicdance:


Die zwei Opferplätze für Wein und Blut:

In der Nähe des Eingangs befinden sich die zwei vierkantigen Opferplätze oder –hütten. Die im Norden ist für Tieropfer und im Süden für die Rotweinlibationen. Beide haben eine Opfergrube, wo das Blut der Opfertiere bzw. der Rotwein hineingeschüttet wurden.

Was ich am nördlichen Opferplatz urgeil finde, ist, dass ein Basaltsteinblock darin gefunden wurde, der aufgrund der vielen Ritzlinien für die Tieropfer verwendet wurde. Opferaltäre aus Stein (vielleicht manchmal auch aus Holz?) sind also möglicherweise durchaus in keltischen Heiligtümern üblich gewesen.

Am interessantesten finde ich aber den südlichen Opferplatz für den Wein. Es wurde hier nicht nur Wein vergossen, sondern die römischen Amphoren um die Opfergrube gelehnt und mit einem Schwert (oder einer Axt) geköpft. Danach wurde die Libation in die Grube durchgeführt, und die meisten Amphoren dann zerschlagen und die Scherben als Bodenfliesen fürs Nemeton verwendet. Einige Amphoren blieben um die Grube stehen – wahrscheinlich als Symbol für das Weinopfer.

Die Enthauptung der Amphore erinnert mich an die Öffnung eines Champagners mit Säbel:
https://de.wikipedia.org/wiki/Champagners%C3%A4bel

Napoleon hatte also offenbar dieselbe Idee wie seine eisenzeitlichen Vorgänger!

Es stellt sich bei dieser Weinopferung natürlich sofort die Frage, ob es einfach nur eine Libation eines teuren Getränks war, das man sich aus Rom liefern ließ, oder ob man damit eine Alternative zum Blutopfer (vielleicht sogar zum Menschenopfer?) empfand. Ich denke durchaus an Zweiteres. Und ich denke daran, das heutzutage mal auszuprobieren. Man bräuchte bloß eine Keramikflasche, da Glassplitter am Kultplatz nicht so toll sind   :prost:


Das Letzte, was ich auch nett fand, waren die Funde von orientalischen Glasschalen. Der Handel war schon damals ziemlich weiträumig. Und die Seidenstraße brachte offenbar auch immer wieder was für die Kelten    :hexeaufbesen:


Und jetzt will ich, dass wir Feuerkreisler/innen im Lotto gewinnen und in Wien so ein keltisches Nemeton bauen und solche geilen Zeremonien abhalten!   :kaosstern: :wahrsagen: :guinness:

subuta

Mc Claudia


Athunis

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Re: Blut- und Wein-Opfer im Nemeton aus Corent
« Antwort #1 am: April 15, 2016, 21:11:56 »
Blut ist schon was ganz besonderes. Wie immer ists halt auch eine Frage der eigenen Tradition oder Einstellung ob Blut von einem Lebewesen nun notwendig ist oder nicht. Gerade auch in meinem Bereich gibt's Leute die meinen nur das Blut machts aus und ohne Blut funktioniert ein Ritual oder Zauber sowieso erst gar nicht. Die andren die anderes Behaupten sind dann die Dodeln. Dann gibt's klarerweise auch andere Richtungen die ohne auskommen und gleiche Resultate erreichen. Die haben ihr Ritualbild geändert bzw. arbeiten nach anderen Richtlinien.

Gerade in unsrerer mitteleuropäischen Zauberlaufbahn wechselt sich das Blutthema ab. Eine sehr bekannte Religion kann sogar Wein zu Blut verwandeln und Wein selbst ist das Blut der Erde (dort haben sie das Thema wahrscheinlich geklaut).

Wein kann eine Alternative zu Blut sein, Blut selbst verkörpern oder einfach nur eine (damals) hochwertigere und teure Alternative sein, die gerade gut genug war für die Gottheiten. Die Tiere waren auch damals wertvoll und sind sicher nicht blindäugig geopfert worden. Das passiert (auch heute noch) immer dann, wenn man genug Geld hat (oder glaubt das man das hat) und man sich eine Schar Tiere zum Töten leisten kann, oder wenn man der Meinung ist, dass das für eine Gottheit unbedingt nötig ist. Ich seh das in karibischen Dingen genauso, wie in Afrika, beim islamischen Opferfest, bei Kali Ma Opferriten, usw...
Dann gibts auch noch Götter/Göttinnen die stehen schon auf Blut, aber noch viel mehr auf das Leid dahinter.. wenn das zu opfernde Angst hat, schreit, verwundet wird, zappelt, ausblutet solche Dinge halt. Die stehen im Allgemeinen auf das Sterben. Das macht sie geil.
Erfahrungsgemäß geht das aber anders auch.
Wäre der Wein in solchen Mengen und Preisen in der Antike vorhanden gewesen, wär das sicher auch schnell gegangen mit dem Austausch. Merkt man ja auch wenn man so ein bißchen in den Riten reinliest, da kommt der Wein ständig vor.

Bei meinen Sachen z.B. haben auch die Unterschiedliche Weine eine Idee, nicht jede Gottheit mag jeden Wein, nicht jeder Wein eignet sich für alle Opferriten oder Rituale.
Auch gibt es, genauso wie in der Antike, die Idee, die Weinflasche zu opfern.  8)

Meine kleinen Ideen dazu.


 

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Mc Claudia

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Re: Blut- und Wein-Opfer im Nemeton aus Corent
« Antwort #2 am: April 16, 2016, 09:18:33 »
Hi Athunis,

danke für die interessante Antwort.

Irgendwo hab ich mal gelesen oder hat es ein Voodoo-Priester gesagt (weiß ich nimmer), dass in den Voodoo-Religionen das zweitstärkste Opfer nach Blut der Alkohol ist.

Ich selbst denke bei Tieropfern für die heutigen Kulte nur an das Halten einer gewissen Ethik. Für mich als Fleischesserin sind zwei Dinge wichtig:
1. Nutzt man den Großteil des Fleisches eines geopferten Tieres auch zum Essen, opfert also nur das Ungenießbare.
2. Hat das Tier tiergerecht gelebt und wird schnell  und möglichst schmerzlos getötet.

Also dieselbe Ethik, die ich auch fürs normale Fleisch habe.

Wenn man aber in Europa ein Tier opfern will, gibts vor allem ja gesetzliche und private Dinge, die dagegen sprechen. Als Bauer darf man ab einer gewissen Größe die Tiere nicht selbst schlachten. Huhn darf man, Kuh nicht. Man bräuchte als Opferpriester also eine Schlachtausbildung.

Und privat ist: Die meisten von uns sind keine Bauern mehr. Mir ein Huhn zu kaufen, um es in meiner kleinen Wohnung zu opfern, ist nicht so toll.

Für mich sind also diese beiden Einschränkungen der Hauptgrund, warum ich Rotwein oder ähnliches als Ersatzblutopfer auch gerne nutze! Und der Whisky gehört für mich dazu zum stärksten Alkohol-Opfer. Aber den gab es in der Antike halt noch nicht ....  :D

Eigentum, also Geld, opfere ich jährlich für die mir wichtigen Vereine - auch für die Feuerkreise. Passt hier auch besser als eine ganze Kuh.  :icon_twisted:


Athunis

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Re: Blut- und Wein-Opfer im Nemeton aus Corent
« Antwort #3 am: April 18, 2016, 12:17:16 »
Hallo

kommt drauf an in welchem Voodoo/Vodu/Hoodoo.... wie gesagt, das ist Definitionssache. Viele gehen halt davon aus, das ein Lebewesen töten das höchste Opfer ist. Hierachisch wäre demnach ein Menschenopfer das Stärkste. Viele Traditionen behalten ihre Lehre, andere wiederum sehen das nicht so. Die Stärke des Opfers im Vodu richtet sich nach dem Zweck und nach dem Loa (Geist bzw Gottheit). Ich sehe das reine Blutopfer auch nicht mehr als zeitgerecht an, bzw. ist es in meiner Linie keine Pflicht, mittlerweile gibt es genug andere Alternativen, hier bei uns wohlgemerkt.

Whisk(e)y ist in der Tat auch ein guter Ersatz...  Der Name komtm ja vom Wort "Lebenswasser", das sagt schon einiges ;)

ansonten gehe ich mit den Tieopfern d'accord, aber du glaubst nicht das es hier bei uns auch einige gibt, die Tiere in den Wohnungen opfern  :ugly:
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Re: Blut- und Wein-Opfer im Nemeton aus Corent
« Antwort #4 am: April 19, 2016, 09:59:46 »
ansonten gehe ich mit den Tieopfern d'accord, aber du glaubst nicht das es hier bei uns auch einige gibt, die Tiere in den Wohnungen opfern  :ugly:

Hihi, kann ich mir vorstellen. Von einer in Wien wurde es mir sogar gesagt.  :D

Ich tötet zu Hause nur Fliegen, Gelsen, Wespen und andere nervende Insekten.  :icon_twisted: