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Autor Thema: "Das verteufelte Geschlecht" - Artikel in der "Zeit"  (Gelesen 7922 mal)

Giles

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"Das verteufelte Geschlecht" - Artikel in der "Zeit"
« am: April 17, 2012, 08:57:44 »
In der aktuellen ausgabe der "Zeit" findet sich ein hervorragendes essay zum zeitgenössischen männerbild

http://www.zeit.de/2012/16/DOS-Maenner

und seinen wurzeln.
persönlich reflektiere ich den artikel wie folgt (bitte erst nach dem artikel lesen und vor allem kommentieren):

a) der autor macht einige scharfsinnige und tw. höchstbildung voraussetzende gedanken, analysiert aber immer "die männer" und "die frauen" als gesamterscheinungsbild, betont das gemeinsame und steht daher trennendem tendentiell skeptisch gegenüber. Noch tiefer würde das verständnis durch aufsuchen echter unterschiede und deren analyse. Zu recht zeigt der autor, dass inhaltlich keine unterschiede aufzufinden sind. Daraus ergibt sich mE logisch die frage nach der form. diese frage blieb ihm jedoch verschleiert, obwohl gerade hier echte geschlechtsspezifische differenzen liegen (egal ob angeboren oder anerzogen). da form und inhalt notwendig einander beeinflussen ist die inhaltsebene dann doch indirekt betroffen. Diesen aspekt könnte man vertiefen.

b) "Das" männerbild ist schon ein eindimensionaler gedanke, zumal ja die interkulturellen differenzen zu einander grösser sind als geschlechtsspezifische  innerhalb derselben kultur (ein mann aus retz hat geistig-kulturell mehr mit einer frau aus retz gemeinsam als mit einem mann aus brasilien) zumal die allermeisten kulturen auf das selbe muster von archetypen aus dem zweistromland zurück greifen. dabei zeigt sich schon in der subtext-wertung von adjektiven, wie unser inneres werten funktioniert: kriegerisch, lehrerhaft, närrisch, viril vermitteln eine distanz, die bei mütterlich, mädchenhaft, feminin, matronenhaft man verzeihe mir die auswahl) so nicht aufkommen mag. beim schreiben fällt mir auf, wie wenig ausdifferenziert zumindest in meiner sprache weibliche adjektive auf "topoi" sind und wie topos-bezogen sich die männlichen darstellen. Mit anderen worten: wir hilfreich wäre ein frauenbild jenseits von Mother Maiden Crone hin zu (beispielhaft) Amazone, Wirre Alte, Kaiserin, Hexe gegenüber Krieger, Narr, Herrscher, Magier.

c) Vergleicht man nun die zuletzt ins feld geworfenen archtypen, so zeigt sich dass die weiblichen entweder rein positiv Kaiserin) oder negativ (Wirre Alte, Hexe) besetzt sind, nur die Amazone hat die frauenbewegung ausgeglichen positiv/negativ werden lassen. Bei Krieger sehen wir den beschützer wie den brandschatzer, herrscher augustus und hitler, narr entertainer und psychiatriepatient, magier merlin und gargamel. Mit anderen worten: das männerbild ist grundsätzlich differenzierter.

d) schlussfolgerung: es ist hilfreich, das weibliche geschlecht als eben so "gut" und "böse" wie das männliche zu verstehen und insbesondere das weibliche geschelcht dadurch auf die selbe stufe zu stellen, dass man ihm die gleichen übeltaten zutraut, wenn auch vielleicht in anderer FORM. das wechselseitige verstehen der form, jetzt wirds esoterisch, beeinflusst dann notwendiger weise den wechselseitigen inhalt und bereichert beide.
also:
Frauen, seid böse und redet darüber!  :eek:
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Mc Claudia

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Re: "Das verteufelte Geschlecht" - Artikel in der "Zeit"
« Antwort #1 am: April 17, 2012, 15:42:15 »
Auf den Artikel bezogen:

Abgesehen von idiotischen Verschwörungstheorien habe ich dazu 2 Antworten:

So wie das Gros der Männer und Frauen WELTWEIT sozialsiert ist, ist eine Ermächtigung der Frauen mit gleichzeitiger Entmachtung der Männer, so dass ein etwa 50:50 Ausgleich entsteht, absolut wünschenswert. Stellen wir uns nur mal vor, in z.B. Afghanistan ist eine Loial Jirga zur Hälfte mit Frauen besetzt - SUPA!

Wenn man die Sozialisation wegrechnet, gleichberechtigt oder gar umkehr, sind Frauen latürnich genauso  Ar***** wie Männer und Männer genauso einfühlsam, nett, pazifistisch, etc. wie Frauen. Eine kapitalistisch sozialisierte reiche Frau hat keinen Grund, weniger a****lochmäßig mit ihrer Kohle umzugehen als ein ebensolcher Mann. Ein alleinerziehender Mann ist ein ebensoguter Vater wie eine alleinerziehende Frau Mutter ist.

meine 2 Cent.

Mc Claudia
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Giles

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Re: "Das verteufelte Geschlecht" - Artikel in der "Zeit"
« Antwort #2 am: April 17, 2012, 17:44:04 »
danke, darf ich antworten:
.) welche verschwörungstheorien? verstehe ich nicht
.) ermächtigung: darum ging es im artikel, so wie ich ihn verstanden habe, nicht. es geht niht um gleiche rechte, sondern die wertung, die einen schritt davor liegt. ich kann zB das recht auf eigentum fordern. um dieses sinnvoll in einen gesellschaftlichen kontext einzugliedern braucht es dazu ein verhältnis zu anderen werten. erst dann kann ich das ausmaß des rechtes sinnvoll diskutieren - im extremfall könnte einerseits alles abgeschöpft werden, was jemand "mehr" als andere hat - im anderen extremfall bleibt eigentum auch dann unangetastet, wenn im gegenzug der hungertod droht. letzteres mag eine unrealistische handlungserwartung an den rechtstreuen aber leider gerade verhungernden bürger sein, so sieht das aber zB das öStGB: am verhungern sein ist ein strafmilderungs- aber kein entschuldigungsgrund.
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fox

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Re: "Das verteufelte Geschlecht" - Artikel in der "Zeit"
« Antwort #3 am: April 18, 2012, 14:15:43 »
Hallo Giles,

ich finde die ganze Diskussion auch sehr plakativ und emotionell. In meiner spirituellen Richtung gibt es das Ideal, dass jedes Individuum sich bemühen soll, die männlichen und die weiblichen Seiten des eigenen Charakters zu entdecken und voll zu entfalten. Durch die Praxis habe ich die Erfahrung gemacht, dass das tatsächlich zur Entfaltung kommt und es ist ein unglaublich beglückendes Erlebnis, Fähigkeiten die dem anderen Geschlecht allgemein leichter fallen, auch mit voller Power zu erlernen und zu beherrschen. Abgesehen davon ist bei einer Ausgewogenheit immer die Zusammenarbeit von Männern und Frauen wichtig.

LG

Fox
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Mc Claudia

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Re: "Das verteufelte Geschlecht" - Artikel in der "Zeit"
« Antwort #4 am: April 18, 2012, 16:58:14 »
Hi Giles,

sorry, ich hab gestern nur die 1. Seite des Artikels zwischen Tür und Angel gelesen und auch übersehen, dass da noch 6 Seiten kommen. :D  Mit Verschwörungstheorien bzw. Idiotien meine ich diese Aussagen im Artikel auf S. 1:

„wie die schwedische Politikerin Ireen von Wachenfeldt, die in hinreißender Offenheit befand: »Männer sind Tiere« – was die Feministische Partei Schwedens mit der Forderung nach einer »Männer-Steuer« begleitete. Oder indem man die Paranoia pflegt wie die Innsbrucker Politik-Professorin Claudia von Werlhof, die Männer verdächtigt, im Rahmen des »kapitalistischen Patriarchats« das verheerende Erdbeben von Haiti ausgelöst zu haben – weil sie den naturfeindlichen Männern auch bizarrste geologische Experimente zutraut.“

Jetzt hab ich den Artikel ganz durch und muss sagen, dass er mir außerordentlich gut gefällt. Was ich nicht wusste, ist, dass die Verteufelung der Männlichkeit bereits im 18. Jhdt. begann, und zwar vor allem von männlichen! Philosophen kolportiert. Das war mir echt neu, und finde ich sehr erfrischend (nicht das böse Männliche, sondern die Erkenntnis, dass dies so früh, noch vor dem Feminismus, begann.)

Diese Aussage gefällt mir daher auch ganz gut:

„Feministinnen gelten landläufig als Hauptschuldige am verbreiteten Männerhass. Mal sollen die radikalen Varianten der Post-68er für unser schäbiges Männerbild verantwortlich sein, mal wird die erste Welle der Frauenbewegung Ende des 19. Jahrhunderts als Quelle genannt. Beides ist falsch. Der Feminismus hat die Ideologie der bösen Männlichkeit nicht erfunden, er hat diese nur für eigene Zwecke genutzt und oft sogar richtige und politisch segensreiche Schlüsse daraus gezogen.“
Auf Seite 5 gehts dann weiter, und da könnte ich alles knallgelb unterstreichen:
S. 5:
„Wann immer Wissenschaftler ausgezogen sind, grundlegende Differenzen zwischen den Geschlechtern zu finden, sind sie mit leeren Händen wiedergekehrt. Alle Versuche, Verhaltensunterschiede biologisch festzumachen, sind gescheitert, und auch die jüngsten Anstrengungen der »Neurosexisten«, ewiges Weib und ewigen Mann in den Hirnen zu finden, sind in einem Fiasko aus Widersprüchen und Unklarheiten gescheitert.“ ff.
oder dieser Absatz samt den folgenden:
S. 6:
„Die einzig plausible Einsicht, die aus den Gender-Wissenschaften zu ziehen ist, hat die Münchner Literaturwissenschaftlerin Barbara Vinken kürzlich in einem Interview im Philosophie Magazin eher beiläufig gezogen: »Es gibt keine Natur.« Männer haben keine, Frauen auch nicht.“
oder hier:
S. 7:
“Je mehr Frauen endlich in bislang versperrte Positionen vordringen, als Kanzlerin, Bankerin, Chefin, Soldatin, Müllwerkerin, umso deutlicher wird, dass die Gesellschaft dadurch zwar fairer, darüber hinaus aber nicht besser wird. Die Probleme einer modernen Gesellschaft bleiben.“
Einfach genial. Mir gefällts. Auch die Conclusio. Wenn der Mann das A****loch ist, MUSS die Frau - als Gegenteil des Mannes - die liebe, nette, gute, naive (Topmodel-Shows etc.!!!) sein! Das ist eine Sackgasse, eine ganz böse. Für beide Geschlechter (oder drei oder vier, wenn man Zwitter, Transsexuelle und Hermaphroditen jeder Art dazuzählt).

Kurz gesagt, ich gehe mit dem Autor d’accord. Habe das von ihm angeführte neue Philosophie-Heft auch gelesen, v.a. die Artikel über die Geschlechtermoralität. Einfach super. Das Buch von Cordelia Fine „Die Geschlechterlüge“ muss ich mir auf jeden Fall krallen.
Für mich lässt der Artikel jedenfalls keine krassen Fragen offen.
Gefällt mir. Danke fürs Verlinken! :danke:

Liebe Grüße
Mc Claudia
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