Hi Rivka,
also - alle Aussagen sind ja irgendwo Spekulation. Bei aller Liebe zur Möglichkeit einer astronomischen Funktion der Pfähle von Glauberg und vom Magdalenenberg, könnten die Dinger auch rein zufällig genauso gestanden haben, wie sie das haben und vielleicht einfach nur Kultpfeiler oder Pfahlgottheiten oder sonstwas gewesen sein. Tatsächlich findet man ja m.E. recht bald Assoziationen, auch astronomische, wenn man gezielt danach sucht.
http://www.faz.net/artikel/C30745/offen ... 25863.htmlAber mal angenommen, die Pfeiler der beiden Riesengrabhügel der Frühlatène- bzw. End-Hallstattzeit sind tatsächlich Observatorien gewesen (wobei ich mich schon frage, warum man die Dinger unbedingt bei einem Grabhügel hinstellen muss? Aber es gab sicher irgendeinen Grund dafür.), dann ist auch noch nicht gesagt, dass
a) die gesamte Keltiké denselben Kalender hatte (was ich sowieso bezweifle - man braucht sich nur die mind. 10 verschiedenen altgriechischen Kalender angucken, und dort hatten sie eine wesentlich einheitlichere Kultur als in der antiken Keltiké),
b) von Früh-Hallstatt bis Caesars Invasion derselbe Kalender verwendet wurde.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die Observatorien des 6./5. Jhdts. v. Chr. andere Kalender zugrundeliegen hatten als es der Colignykalender darstellt, ist also mehr als möglich.
Man kann auch durchaus davon ausgehen, dass mit dem Übergang zur La Tène-Zeit andere Kalender in Mode kamen oder die alten modifiziert wurden – immerhin sind archäologisch und auch historisch kulturelle Umbrüche ausmachbar. Das heißt, der Kalender, den Caesar in Gallien vorgefunden hatte, muss schon gar nicht mehr so einer wie der der Hallstattgrabhügel gewesen sein.
Ein Fakt haben wir aber: Den Coligny-Kalender. Und der befand sich nicht in irgendeiner Rumpelkammer eines nostalgischen Ex-Druiden sondern wahrscheinlich als Wandschmuck eines gallorömischen Heiligtums, das in der Römerzeit in Gebrauch war. Der Kalender ist eindeutig keltisch, wurde aber nach Vorbild römischer Steckkalender fabriziert, was durchaus annehmen lässt, dass zumindest im kultischen Bereich hie und da solche Kalender noch üblich und auch in Gebrauch waren. Ein ähnlicher Kalender wurde übrigens in der Nähe von Coligny, in Villards d'Heria, gefunden, allerdings nur in minimalen Bruchstücken.
Der Coligny-Kalender datiert auf Ende des 2. Jhdts. n. Chr. Das sind 250 Jahre, nachdem Caesar Gallien erobert hatte und etwa 150 Jahre nach dem Druidenverbot durch Kaiser Claudius.
Auch wenn Coligny und Villards d’Heria die einzigen Beweise für keltische Kalender in römischer Zeit liefern, so widerlegt deren Existenz in hochrömischer Zeit jedenfalls die Aussage, dass die Eroberung Galliens und die damit [angeblich] einhergehende Vernichtung der gallischen Kultur solche Kalender in Vergessenheit geraten ließ. Wäre dies der Fall, hätte es im 2. Jhdt. n. Chr. keine solchen Kalender gegeben.
Was verboten wurde, waren die Druiden und ihre Kulte. Die restliche keltische Religion, also wahrscheinlich der Großteil der Volksreligionen blieb erhalten und wurde in die römische Kultur aufgenommen bzw. in romanisiertem Anstrich weiter betrieben. Die meisten Gottheitennamen kennen wir aus römischer Zeit! Hätte Caesars Eroberung der gallischen Kultur wirklich den Todesstoß gebracht, wüssten wir nichts von diesen Gottheiten.
Ich denke, das Vergessen war eher ein Nach-und-Nach-Vorgang. Bedingt sicherlich durch Romanisierung aber v.a. durch Christianisierung und v.a. ab der Spätantike durch die Völkerwanderung und das Auseinanderbrechen des röm. Reiches.
Ich gehe sogar soweit zu behaupten, dass die keltische Volksreligion, die nicht unter das Druidenverbot fiel, durch die röm. Kultur in gewisser Weise konserviert wurde. Romanisierte keltische Religion sozusagen.
Was den Coligny-Kalender betrifft, weiß man natürlich nicht, wer genau ihn noch wozu brauchte. Es ist möglich, dass es zwei Einzelfunde in SO-Frankreich waren, die im restlichen Gallien unbekannt waren. Es ist aber auch möglich, dass Kalender wie der von Coligny (und vielleicht ähnliche andere) für kultische Zwecke noch in Gebrauch war. Ähnlich, wie es heute noch die verschiedensten Kalender kultischer Prägung neben dem säkular-gregorianischen gibt.
Eines haben die möglichen Hallstattgrabhügelobservatorien und der Coligny-Kalender jedenfalls gemeinsam: Sie rechnen alle nach Mondmonaten!
Liebe Grüße
Mc Claudia